Die Frucht ist wie ein Werbeplakat der Pflanze, um die Verteilung ihrer Samen sicherzustellen. Wie passiert das?

Warum werden Tomaten rot, wenn sie reif sind? Warum sollte man keine Kartoffel essen, die grün ist? Und was ist zu tun, wenn die Knoblauchzehen blau werden? Viele Pflanzen führen einen Dialog mit den Tieren, die sie fressen. Allerdings nicht in gesprochener Sprache, sondern in Formen und Farben, die die Aufmerksamkeit auf sich ziehen und unseren Hunger anregen sollen.

Um zu verstehen, wie Pflanzen mit uns kommunizieren, müssen wir zuerst verstehen, was sie bei diesem Geschäft gewinnen. Wenn ein Tier Obst frisst, nimmt es die Fruchtsamen mit und lässt sie an anderer Stelle als einen Düngerhaufen zurück. Ein ausgezeichneter Ausgangspunkt für die Keimung einer neuen Pflanze. So verbreitet sich eine Pflanze, die bessere und attraktive Früchte für die Tiere produzieren konnte, schneller und mit der Zeit auch weiter.

Der kritische Teil bei diesem „Abkommen” ist, dass die Frucht zeigen muss, wann sie für den Weg bereit ist: Eine Tomate ist beispielsweise grün und bitter, bevor sie reif ist. Die grüne Farbe ist Chlorophyll, die sich auch in Blättern findet. Der bittere Geschmack wird durch Stoffe verursacht, die uns davon überzeugen sollen, die Früchte erst im richtigen Moment zu essen. Wann ist der richtige Moment? Wenn sich der Fruchtkern entwickelt hat und bereit für die kurze Fahrt im Verdauungstrakt ist. Reife Früchte sind im grunde wie ein Werbeplakat, da sie größer sind und einen süßeren Geschmack haben als unreife Früchte, werden weicher und verbreiten zudem einen Geruch, der Tiere anzieht.

Obst und Gemüse in verschiedenen Farben Foto: Marilyn Barbone, Shutterstock
Die Farbe ist die Botschaft: Ich bin lecker und bereit gegessen zu werden. Obst und Gemüse in verschiedenen Farben Foto: Marilyn Barbone, Shutterstock

Wie reifen Früchte?

Die meisten Früchte reifen als Reaktion auf das Pflanzenhormon Ethylen. Es ist ein kleines luftgetragenes Molekül. Um beispielsweise die Reifung von Avocados oder Bananen zu beschleunigen, ist es am besten, sie in einen Beutel mit einer anderen reifen Frucht zu legen. Äpfel werden normalerweise vor ihrer Reife gepflückt und sollten in einer kühlen Umgebung und bei hoher Luftfeuchtigkeit und CO2-Gehalt gelagert werden. So wird verhindert, dass sie das von ihnen selbst abgeschiedene Ethylen absorbieren und ihre Haltbarkeit kann um Monate verlängert werden. Manchmal sieht man einen Apfel, der so aussieht, als wäre nur die Hälfte davon gereift. In den meisten Fällen waren diese Äpfel nur zum Teil Ethylen während des Reifungsprozesses ausgesetzt. Allerdings kann dieser Trick nicht bei allen Pflanzen angewendet werden - Walderdbeeren müssen zum Beispiel am Ast reifen und verfaulen ohne zu reifen, wenn wir sie zu früh pflücken.

Der Reifungsprozess beginnt im inneren Gewebe der Frucht, wobei der Samen signalisiert, dass er kurz vor dem Abschluss steht. So reifen der ganze Samen und die Frucht zusammen. Die Frucht wird durch die Produktion von Zucker süßer, verliert ihren bitteren Geschmack und erweicht. In der Schale der Frucht wird das grüne Chlorophyll zersetzt und gleichzeitig produziert die Pflanze Farbstoffe, die die Frucht schützen und ihr einen ausgeprägteren Farbton verleihen sollen. Die Farbstoffe sind in zwei Hauptgruppen unterteilt: Carotinoide und Anthocyane. Beide Gruppen haben sowohl herausstechende Farben als auch antioxidative Eigenschaften, die wahrscheinlich die Frucht schützen.

Carotinoide sind für die roten, orangenen und gelben Farben verantwortlich, die beispielsweise bei Tomaten und Karotten zu sehen sind. Carotinoide verleihen vielen Tieren auch ihre charakteristische Farbe wie das Rosa des Lachses und des Flamingos. Diese Tiere produzieren keine Carotinoide, sondern erhalten sie durch ihre Nahrung.

Anthocyane sind für die Farben Rot, Lila und Blau verantwortlich, die in Pflanzen wie Himbeeren, Blaubeeren, schwarzen Bohnen und Rotkohl zu sehen sind. Mit Rotkohl ist es möglich, ein Experiment zu hause durchzuführen, das folgendes Phänomen veranschaulicht: Die Farbe von Anthocyanen hängt vom Säuregrad (pH) ihrer Umgebung ab. Anthocyane sind wasserlöslich, so dass es möglich ist, eine Farbstofflösung aus Rotkohl herzustellen und den Säuregrad der Stoffe anhand der Farbveränderungen zu untersuchen, die sie in der Lösung verursachen.

Das Signal zur Reifung. Die Struktur des Moleküls des Pflanzenhormons Ethylen. Abbildung: CG_dmitriy, Shutterstock
Das Signal zur Reifung. Die Struktur des Moleküls des Pflanzenhormons Ethylen. Abbildung: CG_dmitriy, Shutterstock

Andere Farben, andere Gründe

Auch Pflanzenteile, die keine Früchte sind, können ihre Farbe ändern. Knoblauchzehen ändern ihre Farbe als Reaktion auf eine Änderung des Säuregehalts, jedoch nicht aufgrund von Anthocyanen. Knoblauch enthält das Molekül Alliin, das unter Bedingungen hoher Säure oder Erhitzung mit Aminosäuren reagiert, cyclische Verbindungen bildet, die aus Ringen von Kohlenstoff und anderen Atomen zusammengesetzt sind. In diesem spezifischen Molekül verursachen zwei Ringe eine rote Farbe, drei Ringe eine blaue Farbe und vier Ringe eine grüne Farbe wie Chlorophyll (das auch vier ähnliche Ringe hat). Sie sind alle essbar und in China gelten die farbigen Knoblauchzehen als Besonderheit. In China wird blau eingelegter Knoblauch verwendet, um das Laba-Fest zu feiern.

Die Struktur des Moleküls bestimmt die Farbe, die die Zehen erhalten. Knoblauchknolle | Foto: agialinda, Shutterstock
Die Struktur des Moleküls bestimmt die Farbe, die die Zehen erhalten. Knoblauchknolle | Foto: agialinda, Shutterstock

Eine Kartoffel zum Beispiel wird grün und ist dann meistens nicht essbar, aber dies ist kein Reifungsprozess. Die Kartoffelknolle ist keine Frucht, sondern Teil des Stiels, der unter der Erde liegt und Stärke ansammelt. Deshalb haben Kartoffeln keinen starken Geruch oder eine auffällige Farbe und sind nicht sichtbar. Ihre Funktion in Bezug auf die Pflanze besteht darin, als Energiequelle zu dienen oder zu weiteren Kartoffelpflanzen zu keimen. Dieser Prozess wird als vegetative Vermehrung (wie Stecklinge) bezeichnet. Trotz ihrer Ähnlichkeit mit Süßkartoffeln steht die Kartoffel der Tomate nahe und hat auch Früchte, obwohl sie nicht gut zum Essen sind. Der Großteil des Pflanzengewebes enthält ein Gift namens Solanin. Kartoffeln, die zu keimen begonnen haben, produzieren Chlorophyll, wodurch sie grün werden, und Solanin, wodurch sie giftig werden.

Abgesehen von den Farben gibt es viele andere Zeichen, mit denen Pflanzen sowohl mit Tieren als auch untereinander kommunizieren - doch dies ist eine Geschichte für ein anderes mal.