Welche Auswirkung hat die Sonnenstrahlung auf uns, warum haben Menschen unterschiedliche Hautfarben und was können wir aus dem Erbgut der Tibeter lernen?
Die Sonne spendet uns Wärme und Licht, ohne die das Leben auf der Erde nicht möglich wäre. Aber darüber hinaus verbreitet sie auch ultraviolette Strahlung, die sowohl das Leben auf der Erde beeinflusst hat, als auch die Entwicklung der Menschheit seit Anbeginn.
Die Wellenlänge der ultravioletten Strahlung, auch UV-Strahlung genannt, liegt außerhalb der Wahrnehmung des menschlichen Auges, sodass wir sie nicht sehen können. Die von der Sonne ausgehende ultraviolette Strahlung wird in drei Arten unterteilt, die jeweils unterschiedliche Wellenlängen besitzen. UV-A zeichnet sich durch eine relativ lange Welle (315-380 nm) und niedrige Energie aus und führt in erstern Linie zu Hautalterung. Die Wellenlänge der zweiten Art, der UV-B-Strahlung, ist kürzer (280-315 nm), ihre Energie höher und kann Hautverbrennungen verursachen. Der dritte Typ, UV-C, hat eine noch kürzere Wellenlänge (10-280 nm) und kann die Erdatmosphäre nicht durchdringen.
Ultraviolette Strahlung gilt als Risikofaktor für die Entstehung von Hautkrebs beim Menschen. Denn übermäßige Sonnenstrahlung kann das Erbgut von Hautzellen schädigen, d. h. DNA-Mutationen verursachen. Auf der anderen Seite ist Sonnenstrahlung auch für unsere Gesundheit wichtig, da es den Körper dazu anregt, Vitamin D aus Cholesterin zu bilden.
Die Atmosphäre lässt uns nicht nur atmen, sondern schützt uns auch vor gefährlicher Strahlung. Arten von ultravioletter Strahlung | Illustration: Siberian Art, Shutterstock
Die erste Verteidigungslinie
Im Freibad oder am Strand sieht man leicht, dass nicht alle Menschen gleich auf Sonnenstrahlung reagieren. Die Haut einiger Menschen verbrennt und wird rot wie eine Tomate, wenn sie nicht häufig einen guten Sonnenschutz auftragen. Andere können sich sonnen und viel Zeit am Meer verbringen, ohne sich zu verbrennen. Warum reagiert der Mensch so unterschiedlich auf Sonneneinstrahlung und wie hängt das mit der Hautfarbe zusammen?
Bräunen ist eigentlich eine schützende Reaktion der Haut auf ultraviolette Strahlung. Unsere Haut besitzt ein Pigment namens Melanin, das die Farbe der Haut sowie die Farbe von Haaren und Augen bestimmt. Je mehr Melanin ein Mensch besitzt, desto dunkler ist seine Hautfarbe. Melanin beeinflusst nicht nur unser äußeres Erscheinungsbild, sondern schirmt auch die Wirkung der Sonnenstrahlen ab, indem es die Energie der ultravioletten Strahlen zerstreut und in Wärme umwandelt, ohne die DNA zu schädigen. Wenn wir Strahlung ausgesetzt sind, produzieren die Hautzellen (Melanozyten genannt) Melanin, was dazu führt, dass die Haut dunkler wird und wir braun werden.
Menschen mit heller und melaninarmer Haut neigen dazu, in der Sonne zu verbrennen. Wenn sie einer höheren Strahlenbelastung ausgesetzt sind als die, die das geringe Melanin abschirmen kann, kann die Strahlung ihre Hautzellen schädigen. Infolgedessen sterben Zellen ab und das Gewebe benötigt eine höhere Durchblutung, um die verbleibenden Zellen mit den Nährstoffen zu versorgen, die sie zur Teilung benötigen. Die direkte Schädigung der Zellen mit der damit einhergehenden erhöhten Durchblutung äußert sich in Schmerzen, Rötungen und Pellen der betroffenen Hautstellen.
Übermäßige Sonnenaussetzung ohne angemessenen Schutz kann zu Verbrennungen führen und das Krebsrisiko erhöhen. Frau mit Sonnenbrand | Foto: SCIENCE PHOTO LIBRARY
Übermäßige und unkontrollierte Sonnenaussetzung erhöht das Risiko, ein Melanom zu entwickeln - Hautkrebs, der die Melaninproduzierenden Zellen (Melanozyten) befällt. Dieser Krebs kann tödlich sein und die Sterblichkeitsrate ist erschreckend hoch, wenn er nicht in einem frühen Stadium diagnostiziert wird. Menschen mit heller Haut, blonden Haaren und hellen Augen haben ein hohes Melanomrisiko. Auch viele Muttermale, bei denen es sich um Melanozytenanhäufungen handelt, erhöhen das Melanomrisiko erheblich, insbesondere wenn sie sehr groß oder asymmetrisch in der Struktur sind.
Darüber hinaus kann eine übermäßige und direkte Sonneneinstrahlung die Augen schädigen, wie z. B. Hornhautverbrennungen, Katarakte (Grauer Star) oder Netzhautdegeneration. Der einfachste Weg, dieser Gefahr vorzubeugen, ist das Tragen einer Sonnenbrille, die ultraviolette Strahlung herausfiltert und das Auge schützt.
Risikofaktor für die Entstehung von Hautkrebs. Ultraviolette Lichtstrahlen schädigen Hautzellen | Illustration: CHRISTOPH BURGSTEDT / SCIENCE PHOTO LIBRARY
Sonnenbedingte Entwicklung
Nach der anerkannten Theorie hat sich die Menschheit in Afrika entwickelt und von dort auf den Rest der Welt ausgebreitet. Angenommen, dies stimmt, lebten die ersten Menschen in der Nähe des Äquators, in sonnigen Gebieten mit starker ultravioletter Strahlung. Dadurch wurde der menschliche Körper gezwungen, den bestmöglichen Schutz gegen die Schäden zu finden, die ihm die Strahlung verursachen konnten.
Forscher nehmen an, dass zu Beginn der menschlichen Evolution im sonnigen Afrika Menschen mit hoher Melaninkonzentration in der Haut einen Überlebensvorteil hatten. So etablierte sich in der Bevölkerung die dunkle Haut. Aber wenn unsere Vorfahren dunkelhäutig waren, wie kommt es dann, dass die Menschen heute in weiten Teilen der Welt hellhäutig sind und nicht die Eigenschaft besitzen, die sie auf natürliche Art vor den Sonnenstrahlen schützt? Warum hat sich die Hautfarbe einiger Menschen im Laufe der Jahre verändert, als Gruppen und Stämme von Nordafrika in kältere Regionen Asiens und Europas mit schwächerer ultravioletter Strahlung wanderten?
Evolutionsforscher gehen davon aus, dass die Lösung des Rätsels wahrscheinlich in der Balance zwischen der Gefährdung durch ultraviolette Strahlung und ihrem Beitrag zu unserer Gesundheit liegt. Trotz der Schäden, die sie anrichten kann, hat die ultraviolette Strahlung auch einen positiven Effekt, so dass es für den Körper unrentabel ist, alle in strahlungsarmen Bereichen abzuschirmen. Dies liegt daran, dass die Strahlung den Körper motiviert, Vitamin D zu produzieren.
Vitamin D ist ein Fettmolekül, das unter anderem bei der Aufnahme von Kalzium im Darm hilft und die Gesundheit der Knochen unterstützt. Darüber hinaus spielt es eine Rolle im Stoffwechsel des Körpers und wirkt entzündungshemmend. So entstand in Gebieten näher an den Polen, wo die Sonneneinstrahlung relativ gering ist, ein Überlebensvorteil für Menschen mit heller Haut, da das Melanin die Produktion von Vitamin D weniger störte. Im Gegensatz dazu bot dunkle Haut den Bewohnern nahe des Äquators weiterhin einen Überlebensvorteil. Als Folge dessen hat beispielsweise in gemäßigten und arktischen Regionen die Häufigkeit heller Haut zugenommen, während der Mensch in den Tropen überwiegend dunkelhäutig geblieben ist.
Die Geschichte der menschlichen Hautfarbe hat bis heute Auswirkungen auf uns. Heutzutage, ganz besonders in Anbetracht der großen Einwanderungswellen, die mit der Globalisierung einhergehen, leben Menschen nicht unbedingt in Gebieten, in denen die Strahlungsmenge ihrer Hautfarbe entspricht. Daher benötigen viele heute Sonnenschutzmittel oder Vitamin-D Ergänzungsmittel, um sich an die Umgebung anzupassen, in die sie oder ihre Vorfahren eingewandert sind.
Fisch und Paprika sind eine wichtige Quelle für Vitamin D in Lebensmitteln und besonders wichtig ist für diejenigen, die nicht genügend Sonnenlicht ausgesetzt sind. Lebensmittel reich an Vitamin D | Foto: MICROGEN IMAGES / SCIENCE PHOTO LIBRARY
Auf dem Dach der Welt
Ein interessantes Beispiel für die menschliche Anpassung an ultraviolette Strahlung findet sich in Tibet. Dieser Teil der Erde liegt auf einer durchschnittlichen Höhe von mehr als 4000 Metern über dem Meeresspiegel und wird daher auch das „Dach der Welt“ genannt. Dementsprechend sind die Lebensbedingungen in Tibet nicht einfach: Der Sauerstoffgehalt der Luft ist recht gering und die Sonneneinstrahlung besonders stark, weil die Atmosphärenschicht, die einen Teil der Strahlung abschirmt, in diesen Höhenlagen dünner ist.
Eine erhöhte Folsäureproduktion kann helfen, Strahlenschäden zu bekämpfen. Ältere Frauen in einer religiösen Prozession in Tibet | Foto: Almazoff, Shutterstock
In einer Studie aus dem Jahr 2017 sammelten Forscher Blutproben von etwa 4000 einheimischen Tibetern auf der Suche nach besonderen genetischen Merkmalen, die auf eine Anpassung an diese harten Lebensbedingungen hinweisen könnten. Viele von ihnen wiesen eine Veränderung im Gen auf, die eine erhöhte Produktion von Folsäure verursacht. Folsäure (Vitamin B9) spielt eine wichtige Rolle bei der Fruchtbarkeit und Schwangerschaft, und es gibt Studien, die darauf hindeuten, dass ultraviolette Strahlung Folsäure im Blut abbauen kann. Die Forscher glauben daher, dass die Tibeter während der Evolution eine erhöhte Produktion von Folsäure als Reaktion auf deren Zerstörung durch intensive Sonneneinstrahlung entwickelt haben.
Für diejenigen, die nicht in Tibet geboren wurden, wird dringend empfohlen, im Sommer Sonnencreme aufzutragen, einen Hut aufzusetzen, eine Sonnenbrille zu tragen und übermäßige Sonneneinstrahlung zu vermeiden.