Es verbindet sich besonders gerne mit anderen Elementen und wird von Atomwaffen bis zur Zahngesundheit, von beschichteten Pfannen bis zum Klimawandel verwendet. Alles über das Fluor
Irgendwo an der Spitze der Halogengruppe im Periodensystem, oben rechts, steht das Element Fluor (F). Diese Position ist wichtig, denn ihretwegen strebt das Fluor sehr danach, ein weiteres Elektron von anderen Elementen zu bekommen. Obwohl diese Eigenschaft, Elektronegativität genannt, allen Halogenen gemeinsam ist, ist sie bei ihm besonders stark ausgeprägt. Tatsächlich ist Fluor das Atom mit dem größten Bedürfnis, von anderen Elementen Elektronen zu nehmen.
Obwohl es sich um ein leichtes Element handelt, das nur die Ordnungszahl 9 hat, ist Fluor relativ selten, insbesondere im Vergleich zu seinen häufig vorkommenden Nachbarn Kohlenstoff, Stickstoff und Sauerstoff. Dies liegt daran, dass die häufigen Kernreaktionen in Sternen - die schwerere Elemente aus den leichteren Elementen erzeugen - relativ wenig Fluor produzieren. Das bereits gebildete Fluor durchläuft zudem Prozesse, die es in andere Elemente verwandeln, wenn es nicht aus dem Sternenkern, in dem die Kernreaktionen stattfinden, ausgestoßen wird.
Fluor ist ein Nichtmetall, also ein nichtmetallisches Element. Es erscheint unter normalen Druck- und Temperaturbedingungen als gelbliches Gas aus zweiatomigen Fluormolekülen (F2). Doch tritt es in dieser Form äußerst selten auf, da es als reaktives Element im Periodensystem mit fast jedem anderen Element reagiert: Mit den meisten sofort bei Raumtemperatur, und mit einigen - wie Gold und anderen Edelmetallen - reagiert es nur bei höheren Temperaturen. Es ist daher sehr schwer Fluor als reines Gas zu lagern und es kommt in der Natur nur in Verbindungen mit anderen Elementen vor.
Durch die starken Bindungen entsteht eine sehr stabile und wasserabweisende Beschichtung. Teflon Pfannen und Töpfe | Foto: Shutterstock
Starke Verbindungen
Fluor erzeugt eine Vielzahl von Verbindungen. Aufgrund seiner chemischen Eigenschaften neigt es dazu, sehr starke Verbindungen mit anderen Elementen einzugehen, die aufgrund des Fluors relativ stabil sind. Das hat viele Vorteile: Nimmt man Kohlenwasserstoffe (Molekülketten aus Kohlenstoffatomen, an die nur Wasserstoffatome gebunden sind) und ersetzt die Wasserstoffatome durch Fluoratome, erhält man wasserabweisende Materialien, mit denen man Oberflächen beschichten kann.
Ein Beispiel für ein solches sehr stabiles Material ist Teflon, bei dem alle Wasserstoffatome durch Fluor ersetzt wurden. Diese Änderung verleiht Teflon seine nützlichen Eigenschaften, einschließlich geringer Reibung und Wasserabweisung (Hydrophobie), und wird daher beispielsweise zum Beschichten von Töpfen und Pfannen verwendet. Teflon ist chemisch eine nicht reaktive Substanz, mit der nur wenige andere reagieren - daher ist es sehr langlebig.
Der Nachteil solcher Stoffe ist, dass sie die Umwelt verschmutzen und sich in der Natur nur sehr langsam abbauen. Zwar kann aus ihrem Abbau Energie gewonnen werden, aber uns sind keine Mikroorganismen bekannt, die sie abbauen, da sie vollständig synthetisch sind und keinen natürlichen Stoffen ähneln.
Fluor ist so reaktiv, dass es sogar mit Edelgasen reagieren kann, die unter normalen Bedingungen nicht dazu neigen, mit einem Element Verbindungen einzugehen. Fluor- und Xenonverbindungen zum Beispiel sind stabile Moleküle, die sich nicht selbst zersetzen, obwohl sie auch sehr reaktiv sind. Sie können beispielsweise entstehen, wenn sie unter Einfluss von Sonnenlicht oder UV-Licht eine Reaktion zwischen Fluor und Xenon hervorrufen.
Was passiert, wenn Fluor mit einer anderen reaktiven Substanz reagiert? Video des Royal British Institute:
Effektiv, aber giftig
Reines Fluorgas hat relativ wenige Verwendungen. Seine Reaktionen setzen viel Energie frei, sodass es theoretisch als Raketentreibstoff verwendet werden kann. In der Praxis ist diese Verwendung jedoch zu gefährlich, da das Gas sehr reaktiv und äußerst giftig ist.
Fluorgas wurde erstmals im Zweiten Weltkrieg im Rahmen des Manhattan-Projekts eingesetzt, das zur Entwicklung der ersten Atombomben führte. Für die Urananreicherung musste die Verbindung Uranhexafluorid (UF6) hergestellt werden, die eine Reaktion mit gasförmigem Fluor erforderte. Auch Teflon wurde dafür erstmals verwendet, da es als eines der wenigen Stoffe gegen Fluorgase beständig ist und nicht mit diesen reagiert. Bis heute wird in der Industrie gasförmiges Fluor hauptsächlich für diesen Zweck verwendet.
Anderweitige Verwendungen von gasförmigem Fluor finden wir in der Herstellung von Verbindungen mit einer großen Anzahl von Fluoratomen, die in der Industrie von Bedeutung sind. Dazu zählt beispielsweise Schwefelhexafluorid (SF6), das ein wichtiges Industriegas ist.
Verwendet werden auch organische Fluorverbindungen, bei denen ein Fluoratom an ein Kohlenstoffatom gebunden ist: Neben Teflon enthalten viele Medikamente sowie viele der modernen Anästhetika ebenfalls Fluor. Eine der wichtigsten Gruppen von Fluorverbindungen waren in der Vergangenheit Fluorchlorkohlenwasserstoffe, darunter auch das Gas Freon (Chlordifluormethan), auf das wir später eingehen werden.
Eine weitere wichtige Fluorverbindung ist Flusssäure (HF), die nicht organisch ist. Es ist eine Säure, die nicht sehr stark, aber trotzdem sehr gefährlich ist und Verbrennungen verursacht. Sie wird viel in der Industrie verwendet. Eine ihrer einzigartigen Eigenschaften besteht in der Fähigkeit, Siliziumdioxid (SiO2) aufzulösen, aus dem Glas, Quarz und Sand bestehen. Deshalb wird es unter anderem zum Gravieren auf Glas und in der Halbleiterindustrie verwendet.
Was passiert, wenn man eine Glühbirne in Flusssäure taucht? Video von Periodic Videos (auf Englisch):
Das „fließende“ Element
Menschen verwendeten schon Fluor, bevor sie wussten, dass es sich um ein Element handelt. Bereits im 16. Jahrhundert wurde entdeckt, dass die Zugabe von Calciumfluorid (CaF2), das in der Natur in Form des Minerals Fluorit vorkommt, zu Metallerzen deren Schmelztemperatur senkt und die Metallproduktion erleichtert. Daraus leitet sich auch der Name des Elements ab, da das lateinische Wort fluores „fließend“ bedeutet. Bis heute ist es die Hauptanwendung von Fluorverbindungen in der Industrie.
Flusssäure wurde erstmals in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts isoliert. Dabei fand man heraus, dass sie Glas schmelzen kann. Im Jahr 1810 wurde erstmals die Hypothese aufgestellt, dass die Säure ein bis dahin unbekanntes Element enthält, das dem in Salzsäure vorkommenden Chlor ähnelt. Erst 76 Jahre später, im Jahr 1886, gelang es dem französisch-jüdischen Chemiker Henri Moissan, nach vielen Versuchen und gefährlichen Mengen an Flusssäure, Fluorgas zu gewinnen. Dafür erhielt er 1906 den Nobelpreis für Chemie.
Schon vor Moissan versuchten viele, das unbekannte Element aus Flusssäure zu isolieren. Doch aufgrund seiner Eigenschaften und des Fluors selbst wurden sogar diejenigen, die es in kleinen Mengen herstellen konnten, vergiftet und starben oft daran. Moissans Produktionsmethode, die auf der Elektrolyse der Säure beruhte, wird bis heute in der Industrie zur Herstellung von gasförmigem Fluor verwendet.
Er war erfolgreich bei einer Mission, bei der andere scheiterten und mit ihrem Leben bezahlten. Moissan isoliert Fluor | Quelle: Science Photo Library
Fluor in der Natur
Das Chloratom, das im Periodensystem unter dem Fluor steht und diesem sehr ähnlich ist, bildet oft Salze, also ionische Verbindungen, in denen es das negative Ion ist. Im Gegensatz dazu, sind Fluorsalze in den Ozeanen der Erde nicht sehr verbreitet und werden nicht aus ihnen gewonnen. Fluor kommt in der Natur normalerweise in wasserunlösliche Mineralien vor, insbesondere Fluorit - das bereits erwähnte Fluorcalcium. Dies ist die Hauptquelle für die Fluorproduktion.
Fluor findet man in der Natur in erster Linie in dem Mineral Fluorapatit, das auch Kalzium, Phosphor und Sauerstoff enthält. Fluorapatit tritt in einer geringen Konzentration von wenigen Prozent tendenziell bei Mineralien auf, die in ihrer chemischen Struktur ähnlich sind, aber kein Fluor enthalten. Diese Mineralien sind die Hauptquelle für Phosphor- und Phosphatdünger und bei ihrer Verwendung entsteht Fluor gleichzeitig als Nebenprodukt.
Fluorit kommt in vielerlei Form mit unterschiedlichem Schadstoffgehalt vor und hat demnach in der Natur viele Farben. Eine andere Art von Apatit (Hydroxyapatit) ist das Hauptmineral, aus dem unser Zahnschmelz besteht. Da Fluorapatit stärker und widerstandsfähiger gegen Karies ist, wird Fluorid zum Schutz der Zähne benutzt und in vielen Zahnpasten verwendet.
Alle Mineralien im Bild sind Fluorit. Ausstellung im Smithsonian National Museum of Natural History, USA | Foto: Uri Teichman
Abgesehen von unseren Zähnen, hat Fluor jedoch keine wichtige biologische Rolle und ist im Körper von Tieren und Menschen fast nicht vorhanden. In der Botanik finden wir zwar Pflanzen, die giftige Fluorverbindungen als Schutz vor Pflanzenfressern verwenden, aber generell ist es auch für Pflanzen nicht essentiell. Einer dieser Stoffe ist Natriumfluoracetat, das auch in der Industrie als Pflanzenschutzmittel eingesetzt wird.
Viele Fluorverbindungen wirken sich auf das Klima aus, vor allem durch den Abbau der Ozonschicht in der Atmosphäre. Viele Verbindungen von Kohlenstoff, Chlor und Fluor (Fluorchlorkohlenwasserstoffe) wie Freon wurden in der Vergangenheit als Kühlgase verwendet bis ihr Schaden an der Ozonschicht entdeckt wurde. Im Anschluss daran verbot 1987 das Montrealer Protokoll ihre Verwendung, was erheblich zur Verringerung des Ozonlochs beigetragen hat. Trotzdem werden sie in Entwicklungsländern immer noch eingesetzt, wenn auch in begrenztem Umfang.
Diese Gase wurden inzwischen durch Verbindungen ersetzt, die ebenfalls Wasserstoff enthalten, aber frei von Chlor (Fluorwasserstoff) sind und das Ozon kaum schädigen. Sie sind jedoch tendenziell sehr starke Treibhausgase, die zur globalen Erwärmung beitragen. Daher versucht man sie heute zu vermeiden und ihre Emissionen in die Atmosphäre zu reduzieren.
Nicht alle sind begeistert von der wichtigen Errungenschaft der öffentlichen Gesundheit. Demonstranten gegen Wasserfluoridierung Foto: | Shutterstock
Wasserfluoridierung
Bevor wir zum Schluss kommen, müssen wir noch die bekannteste Anwendungen von Fluor erwähnen - die Wasserfluoridierung. Bei diesem Verfahren werden dem Trinkwasser sehr geringe Mengen (weniger als 1 zu einer Million – 1 Milligramm pro Liter Wasser) Fluoridionen zugefügt. Dies geschieht in der Regel durch Auflösen von Fluorkieselsäure in Wasser, von dem Fluorid eines seiner Abbauprodukte ist.
Obwohl Fluor und Flusssäure an sich gefährliche Stoffe sind, ist das Fluoridion nicht sehr reaktiv und seine Toxizität gering. Dies liegt daran, dass die sehr starke Tendenz von Fluor, ein zusätzliches Elektron aufzunehmen, dazu führt, dass Fluoridionen nicht dazu neigen, ihre Elektronen zu teilen und daher weniger chemisch reaktiv zu sein. Es kann in hohen Konzentrationen immer noch giftig sein, aber dies sind viel höhere Konzentrationen als in Wasser. Wir müssten täglich Dutzende oder Hunderte Liter Leitungswasser trinken oder ein paar Dutzend Tuben fluoridhaltiger Zahnpasta schlucken, um uns zu vergiften.
Die dem Wasser zugesetzten Mengen sind zu gering, um Schäden zu verursachen, aber hoch genug, um einen Teil des Minerals in den Zähnen von Hydroxylapatit zu Fluorapatit umzuwandeln, das ähnliche Eigenschaften besitzt, aber stärker ist. Dadurch wird der Zahnschmelz widerstandsfähiger gegen Löcher.
Fluoridierung wird an Orten durchgeführt, an denen die Konzentration von natürlichem Fluor im Wasser nicht hoch genug ist, sodass Hunderte Millionen Menschen auf der ganzen Welt fluoriertes Wasser trinken. Die Weltgesundheitsorganisation hat die Fluoridierung von Wasser als eine der zehn größten Errungenschaften der öffentlichen Gesundheit im 20. Jahrhundert definiert.