Wie macht man Sterne, die sich von selbst bilden, und was hat das mit den Pharaonen zu tun?
In diesem Experiment werden wir sehen, wie Wasser trockene hölzerne Zahnstocher „erweckt“, sodass sie in Bewegung geraten und hübsche Formen bilden.
Was brauchen wir?
- Zahnstocher aus Holz (besser nicht aus Bambus, weil der langsam reagiert)
- Teller
- Wasser
- Kaffeelöffel
Das Experiment
Den Ablauf des Experiments kannst du in dem kurzen Film sehen:
Aufsaugen und Quellen
Das Prinzip, auf dem dieses Experiment basiert, ist eine Erscheinung, die im Alltag weit verbreitet ist, obwohl man sie im allgemeinen nicht beachtet: viele Stoffe quellen auf, wenn man sie mit Wasser oder einem anderen Lösungsmittel befeuchtet. Einige Beispiele, denen ihr alle sicher schon begegnet seid:
Nudeln, die in Wasser gekocht werden – quellen auf. Reis, der in Wasser gekocht wird – quillt auf. Hülsenfrüchte, die im Wasser liegen – quellen auf. Eine Windel, die nass wird – quillt auf. Auch Watte, die mit Wasser nass gemacht wird, quillt ein bisschen auf.
Ebenso trockenes Holz, das mit Wasser befeuchtet wird – es quillt auf. Das Quellen des Holzes in gebogenen Zahnstochern bewirkt, dass die Biegung (die Zone, wo das Holz sich zusammengezogen hat und gestaucht ist) wieder gerade wird. Wenn man einige gebogene Zahnstocher in einem Kreis anordnet, erzeugt ihre Geraderichtung die hübsche Sternformation.
All den genannten aufquellenden Stoffen ist gemein, dass sie zur Familie der Polymere gehören. Polymere sind Stoffe, die auf der Teilchenebene nicht aus einzelnen kleinen Molekülen gebaut sind, sondern aus meist sehr langen Ketten aus vielen (poly) Einheiten (mer), die miteinander verbunden sind. Wenn man ein Polymer mit Wasser befeuchtet (oder mit jedem anderen Lösungsmittel, das von ihm aufgenommen wird), gelangen die kleinen Wassermoleküle zwischen die langen, dichten Ketten des Polymers und drücken diese auseinander – und das bewirkt sein Quellen. Das Quellen ist im allgemeinen die erste Phase vor der Auflösung des Polymers, obwohl viele Polymere in der Phase des Quellens „steckenbleiben“ und sich nicht, wie wir es etwa von der Auflösung von Salz oder Zucker kennen, zur Gänze auflösen, sondern einfach als aufgequollene Festkörper fortbestehen.
Holz besteht hauptsächlich aus einem Polymer namens Zellulose, das sich aus vielen verbundenen Ringen von Glukose (Traubenzucker) zusammensetzt. Die Zellulose ist reich an bestimmten chemischen Gruppen, den Hydroxygruppen (OH), die Wassermoleküle anziehen (die Verbindungen heißen Wasserstoffbrückenbindung), welche zwischen die Ketten gelangen.
Abschnitt von Zellulose-Molekülen, aus denen Papier und Baumwolle besteht: das Molekül ist eigentlich ein Polymer – also zusammengesetzt aus vielen (poly) Einheiten (mer), die miteinander verbunden sind. Die aufbauenden Einheiten sind sehr reich an Hydroxygruppen OH, die mit Wasser ausgezeichnete Wasserstoffbrückenbindungen eingehen
Auch Papier besteht zum größten Teil aus Zellulose. Wie ihr sicher bemerkt habt: Zellulose (Holz, Papier) nimmt zwar Wasser auf, das sie zum Aufquellen bringt, aber die Zellulose gehört zu jener Art von Polymeren, die sich in Wasser nicht vollständig auflösen, sie bleibt einfach in der Phase des Quellens „stecken“. Dem Wasser gelingt es nicht, die Zellulose-Ketten ganz voneinander zu trennen und die vollständige Auflösung herbeizuführen.
Das Dynamit des Altertums
Ein Zahnstocher, der einen Stern erzeugt, ist vielleicht ein Kinderspiel, aber das trockene Holz kann noch viel mehr: die Pyramiden in Ägypten sind aus riesigen Steinquadern erbaut, die aus Granitfelsen gebrochen wurden. Es wird angenommen, dass die Pharaonen die gewaltigen und harten Granitfelsen abbauen konnten, indem sie trockene Holzstücke verwendeten. Man vermutet, dass sie nur kleine Kerben in den Fels schlugen, in die Kerben legten sie trockene Holzstücke – und dann gossen sie Wasser darüber. Das trockene Holz sog das Wasser ein, quoll auf und spaltete den Felsen entlang der Kerben – genau wie Dynamit heutzutage zur Sprengung von Felsen verwendet wird.
Die Pyramiden von Gizeh | Quelle: Wikipedia, Foto: Ricardo Liberato