Um die geeignetste Oberfläche und die passende Hitze für das Backen des saftigen Teiges zu wählen, muss man Grundprinzipien der Wärmeleitung und der Schwarzkörperstrahlung berücksichtigen.
Jeder Pizza-Liebhaber weiß, dass nicht alle Pizzas gleich geschaffen wurden, ob uns das gefällt oder nicht. Es gibt viele Wege, diese einfache und leckere Speise zuzubereiten, von der Pizza aus einem halben Fladenbrot und der kommerziellen Supermarkt-Pizza bis zur aufwendigen Pizza aus dehnbarem Teig, die in die Höhe geworfen wird und sich im Flug öffnet.
Man kann die Pizza mit einer Vielfalt von Zutaten belegen, aber was die Pizzas wirklich unterscheidet, ist der Backvorgang. Auch da gibt es einige Möglichkeiten, beginnend mit dem einfachen Erwärmen im Mikrowellenofen für die Bequemen und Eiligen bis hin zum Steinofen für die Ehrgeizigen und die Feinschmecker.
Die theoretischen Physiker Andrey Varlamov und Andreas Glatz haben sich zuletzt mit dem italienischen Lebensmittel-Anthropologen Sergio Grasso (bekannt unter dem Spitznamen „Der Gastrosoph“) zusammengetan, um die Physik hinter dem Backvorgang zu erforschen. Was sind, zum Beispiel, die Unterschiede zwischen dem Backen einer Pizza in einem häuslichen Ofen aus Metall und dem Backen in einem traditionellen, mit Holz befeuerten Steinofen? Und warum schmeckt eigentlich die Pizza aus der Pizzeria viel besser als die, die wir zuhause zubereiten?
Der wesentliche physikalische Vorgang beim Backen ist die Wärmeleitung: die Wärme des Ofens wird über dessen Oberfläche und die Luft zur Pizza geleitet. An dem Vorgang sind drei wesentliche Schichten beteiligt: die Oberfläche des Ofens (Stein oder Metall), der Teig und die Zutaten.
Nach dem Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik wird bei der Berührung zwischen einem warmen und einem kalten Körper immer Wärme vom warmen zum kalten Körper fließen. Die Wärmemenge und die Geschwindigkeit des Vorgangs werden durch zwei Eigenschaften der beteiligten Körper bestimmt: die Wärmekapazität und die Wärmeleitfähigkeit. Die spezifische Wärmekapazität ist die Wärmemenge, die an einen Körper übertragen werden muss, um seine Temperatur um ein Grad zu erhöhen. Um zum Beispiel einen Liter Wasser um ein Grad zu erwärmen, brauchen wir genau eine Kalorie, aber um die gleiche Menge Aluminium zu erwärmen, brauchen wir nur ein Fünftel einer Kalorie, weil dessen Wärmekapazität geringer ist.
Die Wärmeleitfähigkeit ist die Fähigkeit des Materials, Wärme zu übertragen. Beispielsweise sind Metalle gute Wärmeleiter, und deshalb bestehen Kochtöpfe meist aus einem Metall, das die Wärme der Flamme gleichmäßig auf den ganzen Kochtopf überträgt. Im Gegensatz dazu übertragen Stein und Holz die Wärme langsamer, und man kann einen Zustand herbeiführen, bei dem die eine Seite der aus diesen Stoffen gebildeten Oberfläche wärmer und die andere Seite kälter ist.
Der wesentliche physikalische Vorgang beim Backen ist die Wärmeleitung. Eine Pizza wird in den Ofen geschoben.
Pizza im Schwarzen Körper
Die Forscher verwendeten ein einfaches Modell zur Beschreibung der Übertragung der Wärme und ihrer Verteilung in verschiedenen Teilen des Ofens. Sie fanden heraus, dass beim Kontakt zwischen einem heißen Steinofen und einer frischen Pizza die Temperatur 208 Grad Celsius erreicht, verglichen mit 300 Grad in einem metallenen Ofen – wobei beide Öfen auf die gleiche Temperatur von 330 Grad erwärmt sind. Die Ursache für diesen Unterschied liegt in der Wärmeleitfähigkeit und der höheren Dichte des Metalls.
Die Lösung sieht einfach aus – die Temperatur des häuslichen Ofens auf 230 Grad senken, um die gleiche Kontakttemperatur zu erhalten. Da tritt ein weiterer Erwärmungsmechanismus in Aktion – Erwärmung durch Strahlung.
Warme Körper geben elektromagnetische Strahlung ab, die Schwarzkörperstrahlung genannt wird. Beispielsweise gibt die Sonne gelbliches Licht ab, heißes Metall wird orangerotes Licht abgeben, und der menschliche Körper gibt infrarote Strahlung ab. Wenn wir eine Pizza in einen heißen Ofen legen, dann nimmt sie Strahlung von dem sie umgebenden Ofen auf und gibt zugleich eine gewisse Menge wieder ab. Die Forscher berechneten die Wärme, die auf diese Weise aufgenommen und abgegeben wird, berücksichtigten die Wärme, die erforderlich ist, um das Wasser aus dem Pizza-Teig zum Verdampfen zu bringen, sowie den Anteil der Zutaten (zum Beispiel Tomatenmark) und zeigten, dass das Ausbacken einer dünnen Pizza in einem Steinofen 125 Sekunden dauert. Im Gegensatz dazu wird das Ausbacken im metallenen häuslichen Ofen 170 Sekunden dauern, wenn die Temperatur am Kontaktpunkt zwischen der Pizza und der Ofenoberfläche die gleiche ist.
Für den häuslichen Bäcker sind 45 Sekunden zusätzlicher Backdauer kein Grund zur Sorge, aber bei einer kommerziellen Pizzeria sprechen wir von einer Erhöhung der Backdauer um 30 Prozent, was in der Stoßzeit nicht vernachlässigbar ist. Wie auch immer, anscheinend kann man eine gute Pizza auch mit einfachen Mittel backen, wenn man bloß die Physik der Wärmeleitung versteht. Es kann natürlich sein, dass der Steinofen außer der unterschiedlichen Wärmeleitung noch Weiteres zu bieten hat, aber das übersteigt den Rahmen dieses Artikels.
Und noch ein Tipp zum Abschluss – wenn Sie verhindern wollen, dass die Pizza an der Unterseite anbrennt, aber sie von oben weiterbacken wollen, etwa wenn sie mit Zutaten und Gemüse beladen ist, dann können Sie sie auf eine Netzoberfläche legen. So bleibt sie von der Ofenunterseite getrennt, und wir lassen die Strahlung ihre Arbeit machen.