Wie kommunizieren Tiere miteinander? Haben sie eine Sprache, die wir nicht verstehen, oder nur elementare Kommunikationsformen? Welche Rolle spielen Bewegungen, Gerüche und Farben? Und warum benutzen sie nicht unsere menschliche Sprache?

In Disneys Film „Zoomania” (2016) laufen Tiere auf zwei Beinen, tragen Kleidung, fahren Zug, arbeiten in verschiedenen Berufen und sprechen vor allem unsere Sprache. Natürlich existiert die im Film dargestellte Welt in der Realität nicht - unsere Welt sähe völlig anders aus, wenn wir nicht effizient miteinander kommunizieren könnten. Natürlich kommunizieren auch Tiere miteinander - ihr kennt es bestimmt, wenn ihr eine Begegnung zwischen zwei Hunden miterlebt habt. Trotzdem unterscheidet sich unsere Sprache sehr von den Geräuschen der Tiere. Aber was macht die menschliche Sprache so besonders?

Menschen und Tiere

Die menschliche Sprache basiert auf zwei Prinzipien: Eine davon ist natürlich das Vokabular - diese Kombination von Lauten und Silben wurde von den Sprechenden festgelegt und stellt ein bestimmtes Objekt oder eine Idee dar. Das andere Prinzip ist Grammatik und Syntax - Algorithmen sind im Kopf jedes Sprachensprechers aufgebaut und ermöglichen es ihnen, Wörter auf unendliche Weise miteinander zu kombinieren, um jede Idee auszudrücken. Das macht es dem Menschen möglich, Sachen aus der Vergangenheit zu erzählen, ebenso wie etwas für die Zukunft zu planen. Er kann auch Informationen teilen, die überhaupt von einer dritten Person weit weg erlebt wurden. Die Beispiele sind endlos - sie können sogar darüber spekulieren, wie sich ihre Sprache entwickelt hat.

Die meiste Tierkommunikation basiert dagegen auf der Demonstration der Stimmung oder Absicht der Parteien. Die Vermittlung von Stimmungen und Absichten, stellt den Großteil der Tierkommunikation dar. Eine Katze schnurrt, wenn ihr etwas gefällt, zischt, wenn sie angreifen will, und der Kater jammert, wenn er sich in der Nähe einer paarungswilligen Katze befindet. Jedes dieser Geräusche ist spezifisch für die jeweilige Situation. Im Gegensatz dazu kann in der menschlichen Sprache ein Wort unterschiedliche Bedeutung haben.

Eventuell können wir den Beginn einer Sprache bei den Affen finden. Die Geräusche, die sie machen, drücken nicht nur eine Situation aus, sondern können sich auch auf Gegenstände oder bestimmte Tiere beziehen. Den ersten Beweis dafür brachte uns der Zwergaffe aus Süd- und Ostafrika. Bereits vor 35 Jahren entdeckten Forscher, dass diese Affen unterschiedliche Warnrufe tätigen, unabhängig davon, ob sie einen Tiger, einen Adler oder eine Schlange sehen. Ein allgemeiner Warnruf kann einfach aus Angst entstehen und unterscheidet sich daher nicht von einem Katzenzischen. Doch die Affen reagieren auch unterschiedlich, wenn sie verschiedenen Rufe hören: Sie rennen als Antwort auf den Ruf nach „Tiger" die Bäume hoch, sie schauen auf, wenn sie den Ruf „Adler" hören, und schauen als Antwort auf den Ruf „Schlange" nach unten.

Seitdem wurden Studien veröffentlicht, die zeigen, dass verschiedene Arten von Affen und Menschenaffen Geräusche machen, die sich auf bestimmte Konzepte beziehen: Der Tamarin-Affe ruft verschiedene Warnungen aus, je nachdem welches Raubtier er sieht. Die Kapuzineraffen und Schimpansen machen unterschiedliche Geräusche als Reaktion auf verschiedene Arten von Nahrungsmitteln. Ähnliche Studien wurden auch bei Vögeln durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass Krähen und Hühner unterschiedliche Rufe für bestimmte Futtersorten verwenden. In seltenen Fällen wurde festgestellt, dass Tiere auch eine Kombination aus mehreren Rufen in einer bestimmten Reihenfolge ausführen. Einige Forscher glauben, dass dies der Beginn einer Syntax ist. Die Campbell-Meerkatzen in Westafrika verwenden zwar nur sechs grundlegende Rufe, die sie aber in unterschiedlicher Anordnung ausrufen. Dadurch formulieren sie Art von „Sätzen”. Forschungen über Singvögel aus dem Jahr 2016 haben ergeben, dass japanische Kohlmeisen nicht nur bestimmte Rufe mit bestimmten Bedeutungen tätigen, sondern diese auch zu aussagekräftigen Sequenzen kombinieren. Die Bedeutung von „Ruf A, gefolgt von Ruf B" unterscheidet sich von „Ruf B, gefolgt von Ruf A".

 

Ist es wirklich eine Sprache?

Mit der Anzahl der Veröffentlichung solcher Studien, nimmt auch die Reaktion der Skeptiker zu. Diese behaupten, dass es keinen wirklichen Zusammenhang zwischen Tierrufen und Wörtern aus der menschlichen Sprache gibt, selbst wenn sich die Rufe auf ein Objekt oder ein Tier beziehen. Eines der herausragenden Merkmale der menschlichen Sprache ist die Willkür des Wortschatzes. In der menschlichen Sprache gibt es keinen Zusammenhang zwischen dem Klang und dem Ausdruck eines Wortes, weshalb das Wort „Hund" in jeder Sprache so unterschiedlich ist.

Menschenbabys wissen zu Beginn nicht, welche Geräusche welche Reaktionen hervorrufen. Sie lernen diese erst von den Erwachsenen in ihrer Umgebung. Es ist noch nicht klar, ob dies auch bei den Tieren der Fall ist. Die Grünmeerkatzen zum Beispiel leben in ganz Afrika. Ihr Ruf nach einem Adler, einem Tiger oder einer Schlange in Äthiopien ist allerdings derselbe wie der der südafrikanischen Grünmeerkatzen. Anscheinend lernen die jungen Affen diese Schreie nicht von ihren Eltern, sondern kennen von Geburt an die geeigneten Rufe für ein Raubtier. Anderseits wissen wir, das die Jungen von Singvögeln und Walen ihre Rufe von den Erwachsenen in ihrer Umgebung lernen. In verschiedenen Gruppen finden wir also unterschiedliche Rufe. Doch weisen diese Rufe offenbar nicht auf ein bestimmtes Konzept hin.

Es ist auch nicht klar, wie das Tier seine Rufe steuert oder ob es entscheiden kann, wann es ein Geräusch macht. Auch Menschen machen angeborene und unkontrollierbare Geräusche: Wenn wir beispielsweise verletzt werden, ist es sehr schwierig, den eigenen Schrei zu unterdrücken. Zum anderen ist es fast unmöglich, ein Lachen zu unterdrücken, das normalerweise spontan und unkontrolliert kommt. Nach Ansicht einiger Forscher gehören Tierrufe zu der gleichen Kategorie und unterscheiden sich daher erheblich von der menschlichen Sprache. Catherine Hobaiter illustrierte diese Behauptung: Unter den Schimpansen, die sie beobachtete, gab es ein Weibchen, das Fleisch essen wollte, das ein Männchen vor kurzem gejagt hatte. Dieser weigerte sich jedoch sein Essen zu teilen. Das Weibchen wartete bis der Schimpanse einschlief, näherte sich ihm schweigend und versuchte, das Fleisch zu stehlen. Sie trat direkt neben ihn, ohne dass das Männchen aufwachte und streckte ihre Hand aus. Doch in diesem Moment wurde sie von ihrem natürlichen Instinkt, nach Essen zu schreien überwältigt. Von ihrem Ruf wachte das Männchen auf und vertrieb das hungrige Weibchen in Ungnade. Diese Geschichte zeigt, dass zumindest einige der Rufe der Tiere eher instinktive Reaktionen als geplante Kommunikationsakte sind.

 

Eine Geste ist mehr wert als tausend Worte

Vielleicht suchen wir alle am falschen Ort. Vielleicht sollten wir uns auf ihre Körperbewegungen konzentrieren anstatt die Geräusche von Tieren zu erforschen.

Körperbewegungen sind ein wichtiger Bestandteil der Kommunikation beim Menschen ebenso wie zwischen Tieren. Jeder kennt das Schwanzwedeln eines Hundes oder seine Einladung zum Spielen: Vorderbeine ausgestreckt und Kopf gesenkt. Die Stimmung eines Pferdes kann durch den Winkel seiner Ohren verstanden werden - wenn sie zurückgezogen und nahe am Kopf anliegen, ist es besser, sich nicht zu nähern. Bei vielen Vogel- und Fischarten führen die Männchen einen Tanz durch, um das Weibchen zu beeindrucken. Im Kampf um Revier und Rangordnung führen viele Tierarten Bewegungen wie eine Katze aus und krümmen ihren Rücken, um den Gegner davon zu überzeugen, dass sie groß und beängstigend sind. Bei diesen Beispielen ähnelt die übermittelte Botschaft Tierschreien - sie bezieht sich nicht auf ein bestimmtes Konzept, sondern auf den mentalen Zustand des Tieres in einer bestimmten Situation. Insekten können durch Bewegungen kommunizieren, die eine andere, ganz besondere Botschaft übermittelt: Die Honigbiene tanzt auf besondere Art, wenn sie in ihren Bienenstock zurückkehrt und eine reichhaltige Nektarquelle gefunden hat. Die Dauer und Richtung des Tanzes geben anderen Bienen Auskunft über die Richtung und Entfernung der nektarhaltigen Blumen. Obwohl die Sprache der Bienen sehr begrenzt ist, ist dies möglicherweise das einzige uns bekannte Beispiel aus der Tierwelt in der genaue Informationen übermittelt werden, die den anderen Bienen nicht sichtbar sind. Auch beim Menschen begleiten Handgesten und Körperbewegungen häufig die Sprachkommunikation. Babys beispielsweise kommunizieren mit Gesten noch bevor sie sprechen lernen.

Affen und Menschenaffen sind die uns am engsten verwandten Tiere, die ebenfalls mit Bewegungen kommunizieren - sie strecken ihre Arme aus, falten ihre Hände über dem Kopf zusammen, schwingen Äste, und jeder Affe kann eine Nachricht von einem zum anderen senden. Studien haben gezeigt, dass verschiedene Gruppen von Schimpansen unterschiedliche Gesten verwenden: Die Jungen müssen die Bedeutung von den Erwachsenen erst lernen. Dies erinnert sehr an die menschliche Sprache. Einige Wissenschaftler glauben, dass die ursprüngliche Entwicklung der menschlichen Sprache, wahrscheinlich noch vor dem Homo sapiens, hauptsächlich auf Gesten beruhte und eher einer Gebärdensprache ähnelte als der heutigen Sprache.

 

Geräusche mit der Zunge (und dem Rachen)

Unsere Sprache basiert hauptsächlich auf Stimmen, mit der wir ein Geräuschsystem entwickelt haben, das eine Vielzahl von Klängen erzeugt. Unser Rachen (Pharynx), unsere Mundhöhle und unsere Kehle sind anders aufgebaut als die der Affen und Menschenaffen, und so haben wir mehr Kontrolle über die Geräusche, die wir erzeugen. Um andere Tiere mit einer solchen Sprachsteuerung zu finden, müssen wir das Säugetierreich verlassen und uns den Vögeln zuwenden. Singvögel sind in der Lage, sehr komplexe Geräusche zu erzeugen und Stimmen zu imitieren, die die menschlichen Fähigkeiten überschreiten. Die bekanntesten unter ihnen sind die Papageienarten, die neben vielen anderen Geräuschen auch die menschliche Sprache nachahmen können. Auch die Imitationen einer Krähe sind sehr überzeugend. Doch am beeindruckendsten ist wahrscheinlich die Nachahmung der Leierschwänze. Diese Vögel können so gut wie alles imitieren, von den Rufen anderer Vögel bis hin zu dem Klick einer Kamera. Bei Säugetieren ist die Fähigkeit zur Stimmimitation ziemlich selten. Delfine können bestimmte Merkmale der menschlichen Sprache nachahmen und nutzen diese Fähigkeit wahrscheinlich, um die typischen Rufe ihrer Gruppe zu lernen. Vor einigen Jahren lebte im Bostoner Aquarium ein Seehund namens Hoover, der die Besucher mit einem „Hallo!“ mit starkem Neuengland Akzent begrüßte. Jedoch ist es unklar, wie häufig dies bei seiner Art vorkommt. Um eine komplexe Sprechsprache zu entwickeln, ist es wichtig, nicht nur eine lange Liste verschiedener Töne erzeugen zu können, sondern auch zuvor gehörte Töne präzise zu wiederholen. Von der Ordnung der Primaten entwickelten nur Menschen diese Fähigkeit. Dies ist auch der Grund, warum Menschenaffen Hunderte von Wörtern in Gebärdensprache lernen können, diese aber nicht aussprechen können.

 

Farbe und Geruch

Wenn die Sprachkommunikation vieler Tiere eher eingeschränkt erscheint, sind sie uns dafür in anderen Bereichen überlegen. So spielt bei den Hunden ihr Geruchssinn im sozialen Netzwerk eine wichtige Rolle. Sie neigen dazu, an den Hinterpfoten eines anderen Hundes zu schnüffeln und verbringen viel Zeit damit, die Gerüche, die andere hinterlassen haben, sorgfältig zu untersuchen. Durch ihren Geruchssinn können Rüden erkennen, ob ein Weibchen paarungsbereit ist. Chemikalien, die von Tieren verwendet/ausgeschieden werden, um ihrer Spezies eine Botschaft zu übermitteln, werden Pheromone genannt und sind im Tierreich allgegenwärtig. Auch Insekten verwenden Pheromone, um Männchen oder Weibchen anzulocken, haben bei ihnen aber noch zusätzliche Zwecke. Zum Beispiel verwenden Ameisen Pheromone, um Straßen zu markieren, die zu einer Nahrungsquelle führen oder um ihre Truppen zu rufen, wenn ihr Bau angegriffen wird. Bienen setzen Pheromone frei, wenn sie ihren Tanz aufführen, um die Aufmerksamkeit ihrer Kollegen zu erlangen.

Viele Wirbeltiere, darunter Reptilien und andere Säugetiere, absorbieren Pheromone mit einem speziellen Geruchsorgan im oberen Teil des Rachen, dem sog. vomeronasalen Organ. Bei Katzen kann man beispielsweise beobachten, dass sie mit offenem Mund, zurückgezogenen Lippen und entblößten Zähnen sitzen können und den Eindruck erwecken als ob sie sich ekelten. Dabei ist es eigentlich eine Handlung durch die sie Pheromone riechen können. Säugetiere verwenden diesen Ausdruck, um den Luftstrom, den sie einatmen, auf das vomeronasale Organ zu richten. Das Organ kommt auch in Primaten vor, ist aber beim Menschen und den uns verwandten Menschenaffen nicht mehr funktionsfähig. Menschen verwenden Pheromone nicht bewusst, aber die Forschung legt nahe, dass Gerüche anderer Menschen uns ohne unser Wissen beeinflussen können.

Einige Tiere haben Kommunikationsformen, die uns noch fremder und seltsamer erscheinen. Tintenfische und Kraken können z.B. die Farbe ihrer Haut ändern. Anscheinend ist dies ein Kommunikationsmittel innerhalb ihrer eigenen Art. Wir können nur raten, welche Art von Nachrichten sie übermitteln. Auch das Chamäleon, das am meisten von allen Tieren mit Farbänderung assoziiert wird, nutzt dies auch, um Informationen zu vermitteln. Ein weibliches Chamäleon zum Beispiel ändert seine Farbe, wenn es zur Befruchtung bereit ist.

Bei diesen Kommunikationsmethoden sehen wir, dass sich die übermittelten Botschaften in erster Linie auf den Paarungswunsch beziehen. Man sollte die Kommunikationsmöglichkeit der Kraken jedoch nicht unterschätzen. Sie gelten als äußerst intelligent und sind in der Lage, anspruchsvolle Botschaften zu übermitteln. Möglicherweise hat sie sogar eine Art visueller Sprache entwickelt, die auf Farbänderungen basiert. Es gibt viele Studien zu diesem Thema auf der ganzen Welt. Wir erwarten gespannt was als nächstes entdeckt wird.

 

„Zoomania" in der Realität

Wie würde der Film also aussehen, wenn seine Macher etwas realistischer gewesen wären?

Zuerst müssen wir die Tatsache ignorieren, dass Tiere verschiedener Arten im Film miteinander sprechen. In einer realen Version würden die Charaktere auf eine Vielzahl von Arten kommunizieren, die über die reine Stimme hinausgehen. In Wirklichkeit würden viele Botschaften tatsächlich durch Gesten, Haltungen und Pheromonen übertragen werden. Die Rufe der Protagonisten des Films wären eher kurz, ohne echte Syntax und würden hauptsächlich die Gefühle vermitteln, die sie in einer bestimmten Situation empfinden. Doch der Film wäre nicht sonderlich spannend, würde er sich auf diesen Dialog beschränken: „Ich habe Angst! Da ist ein Wolf! Es gibt Essen! Lass uns spielen!“. So war es wahrscheinlich die richtige Entscheidung von Disney, die Charaktere menschlich darzustellen, auch wenn dies nicht wissenschaftlich fundiert sind.