Was ist der Unterschied zwischen Treibmitteln und Hochexplosivstoffen? Wie kommt es, dass Bomben nicht durch jede kleine Erschütterung oder jeden flüchtigen elektrischen Funken gezündet werden? Warum können Düngemittel explodieren? Und wie funktioniert ein Airbag? Die Wissenschaft der Sprengstoffe.

Wir alle wissen, dass es Sprengstoffe gibt. Sie tauchen an vielen verschiedenen Orten auf – in Action-Filmen,Steinbrüchen und natürlich in den Waffen von Armeen und Terrororganisationen. Aber wie funktionieren sie eigentlich und was unterscheidet sie von anderen brennbaren Stoffen? Und was geht vor, wenn sich eine Explosion ereignet?

Definiert sind Sprengstoffe als Stoffe, welche die in ihnen enthaltene chemische Energie mit großer Geschwindigkeit freisetzen können. Die Energiemenge muss dabei nicht besonders groß sein – das Wichtigste ist die Geschwindigkeit ihrer Freisetzung. Sprengstoffe setzen im Allgemeinen im Verhältnis zu ihrem Gewicht geringe Energiemengen frei. In einem Gramm der stärksten nicht nuklearen Sprengstoffe ist ungefähr die Hälfte der Energie enthalten, die der menschliche Körper aus einem Gramm Zucker gewinnen kann. Doch der Stoffwechsel in unserem Körper setzt diese Energie langsam und allmählich frei, während die Sprengstoffe sie in Sekundenbruchteilen freisetzen.

Treibmittel

Man kann die chemischen Sprengstoffe in zwei Hauptsorten einteilen. Die erste sind die Treibmittel, bestehend aus einem Gemisch aus einem Treibstoff und einem Oxidationsmittel, welche, anders als bei einer gewöhnlichen Verbrennung, sehr schnell miteinander reagieren. Die Geschwindigkeit, mit der die Verbrennung sich im Sprengstoff ausbreitet, kann einige Hundert Meter pro Sekunde erreichen – eine hohe Geschwindigkeit, aber immer noch viel niedriger als die Schallgeschwindigkeit in dem Stoff, die einige Tausend Meter pro Sekunde erreichen kann.

Wenn der Stoff verbrennt, ereignet sich ein Vorgang, der Verpuffung oder Deflagration (vom lateinischen Wort für „abbrennen“) genannt wird. Man kann den Vorgang so beschreiben: eine Schicht von Molekülen des Treibmittels brennt, wodurch viele Gase und Hitze abgegeben werden. Die Hitze erwärmt die nächste Schicht, die nun der gleichen chemischen Reaktion unterliegt, und so breitet sich der Vorgang aus, wie ein Domino-Effekt. Der Vorgang ähnelt jenem der Verbrennung gewöhnlicher Stoffe, ist aber bei Treibmitteln viel schneller. Die sich ansammelnden Gase erhöhen zusätzlich den Druck, was die chemische Reaktion noch beschleunigt.

Treibmittel waren die ersten Sprengstoffe, die entdeckt wurden. Schon im 9. Jahrhundert, und vielleicht sogar noch früher, entdeckten die Chinesen das Schwarzpulver, das der erste uns bekannte Sprengstoff war. Sie erzeugten das entzündliche schwarze Pulver aus drei hauptsächlichen Bestandteilen: Kohle, Schwefel und Kaliumnitrat (KNO3). Von China gelangte es im 12. Jahrhundert in die islamische Welt und im 13. Jahrhundert nach Europa.

Für die Treibmittel gibt es viele Anwendungen, da sie während der Verbrennung rasch eine große Menge an Gasen erzeugen, die man für einen Antrieb nutzen kann, wenn sie in einem geschlossenen Raum entzündet werden. Davon ist auch ihr Name hergeleitet – sie treiben Objekte an. Gewehrkugeln, Granaten und Raketen beruhen alle auf der Verbrennung von Treibmitteln zum Zweck des Antriebs. Es ist bemerkenswert, dass es vor Hunderten von Jahren nötig war, einen Beutel mit Schießpulver und erst danach die Kugel in den Gewehrlauf zu stopfen. Heute enthalten die Kugeln selbst schon das Treibmittel, sodass man nur die Kugel in das Gewehr einführt. Eine weitere Verwendung finden Treibmittel zum Beispiel in Feuerwerken: die Treibmittel sind der Grund dafür, dass die Feuerwerkskörper in den Himmel steigen, und auch dafür, dass sie sich nach der Zündung am Himmel über eine große Fläche verteilen.

​Was kann man mit Kohle, Schwefel und Kaliumnitrat machen? Schwarzpulver | Foto: Uri Teichmann
Was kann man mit Kohle, Schwefel und Kaliumnitrat machen? Schwarzpulver | Foto: Uri Teichmann

Hochexplosivstoffe

Die zweite Sorte von Sprengstoffen sind die Hochexplosivstoffe, die einem anderen chemischen Vorgang unterliegen, der Detonation genannt wird. Im Allgemeinen handelt es sich um einen sehr raschen chemischen Zerfall des Stoffs, wobei das Molekül in kleinere und einfachere Moleküle zerfällt, während Energie freigesetzt wird.

Bei der Detonation breitet sich die Energie nicht durch Wärmeübertragung wie bei einer gewöhnlichen Verbrennung oder einer Deflagration aus, sondern durch eine Stoßfront, die sich im Sprengstoff fortpflanzt. Eine Stoßfront ist ein plötzlicher scharfer Anstieg der Stoffdichte, der sich mit hoher Geschwindigkeit ausbreitet. Wenn der Sprengstoff zu detonieren beginnt, erreicht die Stoßfront die nächste Schicht der Sprengstoffmoleküle. Diese zerfallen infolge des scharfen Anstiegs der Dichte und der Temperatur und setzen zusätzliche Energie frei, welche die Stoßfront aufrechterhält und verstärkt. Infolgedessen läuft die Front zur nächsten Schicht weiter.

Die Stoßfront ist sehr schnell – viel schneller als die Deflagration und sogar als die Schallwellen in dem Stoff. Die meisten Hochexplosivstoffe erzeugen Stoßfronten, deren Geschwindigkeit einige Kilometer pro Sekunde beträgt, und bei den stärksten Sprengstoffen kommt sie in die Nähe von zehn Kilometern pro Sekunde. Die Detonation ist ein sehr komplexer Vorgang, von dem manche Aspekte bis heute nicht ausreichend verstanden werden.

In dem kurzen Videofilm von The Slow Mo Guys kann man gut die Stoßfront in Zeitlupe sehen, ab der Minute 9:33. 

Hochexplosivstoffe werden natürlich militärisch in verschiedenen Sprengkörpern verwendet, zum Beispiel in Granaten: eine Handgranate enthält Sprengstoff, der von einer Metallschicht umgeben ist, sodass der Sprengstoff bei der Detonation das Metall zerreißt und aus diesem viele Splitter entstehen, die mit sehr hoher Geschwindigkeit fliegen und Verletzungen hervorrufen. Die Druckwelle, die durch die Stoßfront hervorgerufen wird, ist gewöhnlich weit weniger tödlich als die Splitter, obwohl man manchmal auch die Druckwelle nutzt, zum Beispiel bei der illegalen Sprengstoff-Fischerei, wobei die Druckwelle die Fische tötet (und der ganze Meeresumwelt schwere Schäden zufügt).

Hochexplosivstoffe werden auch auf weniger gewalttätige Weise eingesetzt: sie sind zum Beispiel im Bergbau, bei Ingenieurarbeiten und bei weiteren zivilen Anwendungen verbreitet. Zu den bekannten Hochexplosivstoffen zählen TNT, Nitroglyzerin (hauptsächlich in der Form von Dynamit) und RDX, das der Hauptbestandteil vieler Plastiksprengstoffe ist.

Detonation von 450 Tonnen TNT bei einem amerikanischen militärischen Test, 1965. Zu sehen ist die Stoßfront, die sich auf der Wasseroberfläche ausbreitet, und die Kondensationswolke in der Luft | Foto: Naval Historical Center, gemeinfrei
Detonation von 450 Tonnen TNT bei einem amerikanischen militärischen Test, 1965. Zu sehen ist die Stoßfront, die sich auf der Wasseroberfläche ausbreitet, und die Kondensationswolke in der Luft | Foto: Naval Historical Center, gemeinfrei

Plastiksprengstoffe sind Sprengstoffe mit biegsamer Textur, knetmasseähnlich, die durch Vermischung einer relativ kleinen Menge von Zusatzstoffen mit einem Hochexplosivstoff erzeugt werden. Ein besonders weit verbreiteter Stoff, der in einen Hochexplosivstoff umgewandelt werden kann, ist Ammoniumnitrat (NH4NO3) – das Düngemittel, das am 4. August 2020 eine gewaltige Explosion im Hafen von Beirut ausgelöst hat. Der Stoff dient unter anderem als Düngemittel in der Landwirtschaft, aber unter bestimmten Bedingungen kann er genau wie Sprengstoff explodieren, besonders wenn er mit einem organischen Stoff wie Zucker oder Dieselöl vermischt wurde. Auch andere Düngemittel können als Sprengstoff oder als Rohstoff für Sprengstoffe dienen.

Zerstörungen im Hafen von Beirut nach der heftigen Explosion von Ammoniumnitrat | Foto: Nady Sokhn, Shutterstock
Ein Düngemittel, das auch ein Sprengstoff ist. Zerstörungen im Hafen von Beirut nach der heftigen Explosion von Ammoniumnitrat | Foto: Nady Sokhn, Shutterstock

Nicht nur Bomben

Die Unterscheidung zwischen den beiden Sprengstoffsorten ist nicht scharf: es gibt viele Stoffe, die im allgemeinen nur brennen werden, aber unter bestimmten Bedingungen explodieren und zur Detonation gelangen können. Ein Beispiel dafür ist das Gemisch von Benzin und Luft oder entzündlichen Gasen und Luft, das bei bestimmten Konzentrationen explodieren kann. Umgekehrt gibt es Hochexplosivstoffe, die beim Anzünden nur brennen und nicht explodieren.

Da fast alle Motoren die Verbrennung von Treibstoff verwenden, ist es wichtig, zu verhindern, dass das in ihnen enthaltene Treibstoff-Luft-Gemisch zur Detonation gelangt, weil das den Motor beschädigen könnte. Forscher versuchen heute, Motoren zu entwickeln, die gerade die Detonation des Treibstoffs und der Luft ausnutzen würden und entsprechend entworfen wären. Solche Motoren wären potenziell effizienter als die Innenverbrennungsmotoren, aber sie befinden sich noch im Entwicklungsstadium.

Sprengstoffe haben viele Anwendungen: Treibmittel erzeugen Antriebskraft mittels der großen Gasmengen, die sie bei der Verbrennung freisetzen. Beim raschen Abbrennen in einem kleinen geschlossenen Raum entstehen viele Gase, die wegen der großen freigesetzten Energiemenge und des schnellen Prozesses komprimiert und sehr heiß sind. Wenn diese Gase in eine Richtung ausgestoßen werden, entsteht nach dem dritten Newtonschen Gesetz eine Kraft in entgegengesetzter Richtung. Dieses besagt: wenn ein Körper auf einen anderen Körper eine Kraft ausübt, übt der zweite Körper auf den ersten eine gleich große Kraft in der umgekehrten Richtung aus.

So kann man Gewehrkugeln und Granaten aus einer Hülse ausstoßen, in einem Vorgang, bei dem die Verbrennung sehr kurz ist, oder Raketen antreiben, bei denen die Verbrennung andauert und der Antrieb über eine längere Zeit vorhält. In fast allen diesen Fällen sind Treibmittel die Antriebsquelle, obwohl auch Technologien auf einer anderen Basis entwickelt werden, zum Beispiel die elektrische Kanone.

Auch für Hochexplosivstoffe gibt es über den militärischen Aspekt der Bomben, Minen, Granaten und Handgranaten hinaus viele Anwendungen: zunächst dienen sie dem Bergbau – um Erde durch eine Sprengung zu bewegen oder um große Felsen in kleinere Brocken zu zertrümmern, die leichter entfernt werden können. Sie werden auch als Sprengstoff im Ingenieurwesen verwendet, zum Beispiel für den kontrollierten Abriss von Gebäuden.

Eine weitere verbreitete zivile Anwendung findet sich in den Airbags von Fahrzeugen: sie enthalten gewöhnlich Sprengstoff, der eine große Menge von gasförmigen Stoffen erzeugt, meist Stickstoff und manchmal auch Kohlendioxid. Diese blasen mit großer Geschwindigkeit das Aufprallkissen auf, das den Fahrer und die Passagiere schützen soll.

Eine weitere, seltenere Anwendung finden Sprengstoffe beim Schweißen von Metallen. Durch eine Explosion kann eine sehr starke Kraft auf ein Metallteil ausgeübt und dieses dazu gebracht werden, sich fest mit einem anderen Metallteil zu verbinden. Allerdings ist die Methode eingeschränkt durch die Metallsorten, die so zusammengeschweißt werden können, und durch die Formen, zu denen man die Teile verbinden kann. Es gibt auch Sprengstoffe, die für medizinische Zwecke verwendet werden. Nitroglyzerin zum Beispiel ist ein Medikament zur Erweiterung der Blutgefäße und zur Vermeidung von Angina pectoris, aber diese Wirkung beruht auf anderen chemischen Eigenschaften des Stoffes und nicht auf seiner Explosivität.

Kontrollierter Abriss von Bauwerken: kurzer Videofilm, der die kontrollierte Sprengung von Gebäuden dokumentiert.

Geschichte der Explosionen

Das Schwarzpulver wurde zwar schon vor mehr als tausend Jahren entdeckt, aber bis zum 19. Jahrhundert wurde daran nicht viel verändert und wurden fast keine anderen Sprengstoffe entdeckt. Der erste Hochexplosivstoff, der auch der erste Sprengstoff war, dessen Sprengkraft jene des Schwarzpulvers übertraf, war das Nitroglyzerin, das in der Mitte des 19. Jahrhunderts entdeckt wurde. In der Folge wurden weitere Treibmittel und Hochexplosivstoffe entwickelt, wie das Cellulosenitrat und das TNT.

Das Nitroglyzerin ist in seiner reinen Form zu empfindlich und hat deshalb erst Jahre später breitere praktische Verwendung gefunden, als Alfred Nobel das Dynamit erfunden hat – eine stabilisierte Form des Nitroglyzerins. Nobel machte mit dieser Entwicklung und mit anderen Erfindungen auf verwandten Gebieten ein Vermögen und hinterließ sein Geld testamentarisch einer Stiftung, die jedes Jahr den Nobelpreis verleiht.

Auch neue Treibmittel wurden in dieser Periode entdeckt. Das klassische Schwarzpulver setzt 56 Prozent seiner Masse in der Form von festen Produkten frei, die als dichter schwarzer Rauch aus der Waffe austreten, die Sicht behindern, den Standort des Schützen preisgeben und sogar Ablagerungen in der Waffe hinterlassen. Deshalb ging sein Gebrauch ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stark zurück.

Das heute in vielen Waffen verwendete Treibmittel heißt rauchschwaches Pulver. Das moderne Schießpulver basiert hauptsächlich auf Cellulosenitrat, und sein Vorteil besteht darin, dass es fast keine festen Produkte zurücklässt, sondern fast vollständig in Gase umgewandelt wird. Die Abwesenheit von Feststoffen in den Verbrennungsprodukten hat auch den Weg zur Erzeugung von automatischen Waffen geebnet, da die Ablagerungen nach jedem Schuss bedeutend geringer sind, wenn man Kugeln verwendet, die auf modernem Schießpulver basieren.

Auch die Weltkriege des 20. Jahrhunderts haben bedeutend zur Entwicklung vieler neuer Sprengstoffe beigetragen. Und auch in unseren Tagen entwickeln Chemiker weiterhin neue Sprengstoffe mit vorteilhafteren Eigenschaften, die ältere Stoffe wie TNT ersetzen sollen, denen Nachteile wie Toxizität und Umweltverschmutzung bei der Produktion anhaften.

Ein billiger und relativ sicherer Sprengstoff, aber giftig und umweltverschmutzend. TNT-Ziegel | Foto: SPUTNIK SCIENCE PHOTO LIBRARY
Ein billiger und relativ sicherer Sprengstoff, aber giftig und umweltverschmutzend. TNT-Ziegel | Foto: SPUTNIK SCIENCE PHOTO LIBRARY

Die Chemie des Sprengstoffs

Die meisten Hochexplosivstoffe bestehen aus organischen Molekülen – Kohlenstoffverbindungen, die Teile enthalten, welche die Stabilität des Moleküls verringern. Atomgruppen, die in verschiedenen Molekülen auftreten können, werden „funktionelle Gruppen“ genannt . Zwei der in Sprengstoffen häufigsten Gruppen heißen Nitro- und Nitratgruppe. TNT zum Beispiel sind die Initialen von Trinitrotoluol. Diese Gruppen enthalten das Element Stickstoff, das in fast allen Sprengstoffsorten vorkommt. Trotzdem ist der Zusammenhang zwischen dem Stickstoff und den Eigenschaften der Sprengstoffe nur lose, denn viele biologische Verbindungen enthalten Stickstoff und sind überhaupt nicht explosiv, und umgekehrt gibt es auch Sprengstoffe, die keinen Stickstoff enthalten.

Es ist gebräuchlich, den Sprengstoffen Substanzen zuzusetzen, die deren Eigenschaften verbessern. Den Schießpulvern zum Beispiel fügt man entfeuchtende Substanzen bei sowie Stabilisatoren, die ihre Stabilität bewahren und ihren Zerfall verhindern. Man kann diese Substanzen als eine Art „Konservierungsmittel“ betrachten, die verhindern, dass das Schießpulver verdirbt. Andere Zusätze ermöglichen die bequeme Verarbeitung des Sprengstoffs oder verringern seine Empfindlichkeit, damit er nicht unbeabsichtigt explodiert.

In vielen Fällen werden auch mehrere Sprengstoffe miteinander verbunden, um ein Gemisch zu erzeugen, dessen Eigenschaften jene von jeder der einzelnen Komponenten übertreffen. Zum Beispiel liegt einer der großen Vorteile des TNT darin, dass es bedenkenlos eingeschmolzen und in die gewünschte Form gegossen werden kann, während RDX ein stärkerer Sprengstoff ist, der mehr Energie freisetzt. Wenn sich die beiden Stoffe verbinden, entsteht ein Gemisch, das gegossen werden  kann und dessen Sprengkraft jene von TNT allein übertrifft.

In anderen Fällen vermischt man Sprengstoffe, deren Explosionsprodukte miteinander reagieren, zusätzliche Energie freisetzen und so die Explosion verstärken können. Im allgemeinen macht man das durch die Vermischung eines Sprengstoffs, der relativ wenig Sauerstoff enthält – eine Eigenschaft der meisten Sprengstoffe – mit einem Oxidationsmittel, das manchmal selbst gar kein Sprengstoff sein muss. Viele Düngemittel, die Nitrate enthalten, etwa Ammoniumnitrat, können in so einem Gemisch die Rolle des Oxidationsmittels spielen.

Die chemische Zusammensetzung von RDX und die Struktur des Moleküls | Illustration: StudioMolekuul, Shutterstock
Ein starker Sprengstoff, der viel Energie freisetzt. Die chemische Zusammensetzung von RDX und die Struktur des Moleküls | Illustration: StudioMolekuul, Shutterstock

Spontan und empfindlich?

Es gibt keine direkte Verbindung zwischen der Sprengkraft des Sprengstoffs, also der bei seiner Explosion freigesetzten Energie, und seiner Empfindlichkeit, also der Leichtigkeit, mit der seine Explosion ausgelöst werden kann. Es gibt sehr starke empfindliche Sprengstoffe und andere, die gegen fast jede äußere Einwirkung unempfindlich sind. In ähnlicher Weise können auch äußerst schwache Sprengstoffe sehr empfindlich oder unempfindlich sein.

Die Empfindlichkeit von Sprengstoffen überdeckt eine sehr breite Skala. Es gibt Stoffe, die durch einen Schlag, eine schwache Reibung oder sogar eine elektrostatischen Entladung, wie wir sie manchmal an einem trockenen Tag verspüren, explodieren können. Nitroglyzerin zum Beispiel wird schon durch einen schwachen Schlag zur Explosion gebracht werden. Andere werden erst explodieren, wenn eine Stoßwelle auf sie einwirkt, die von der Explosion eines anderen Sprengstoffs ausgeht.

TNT ist zum Beispiel ein sehr praktischer Sprengstoff, weil man ihn erwärmen und sogar aufschmelzen kann, ohne dass er explodiert. Beim Sprengstoff Nitromethan ist es derart schwierig, eine Explosion auszulösen, dass erst durch einen Unfall, bei dem ein Behälter explodierte, überhaupt herausgefunden wurde, dass es sich um einen Sprengstoff handelt.

Airbags in Fahrzeugen, die weiter oben schon erwähnt wurden, werden durch elektrischen Strom aktiviert: wenn das Fahrzeug in einen Unfall gerät oder seine Geschwindigkeit erheblich verringert (viel rascher als etwa durch einen Tritt auf die Bremse), wird im Luftkissen eine Zündkerze gestartet, die elektrischen Strom durch den darin gelagerten Sprengstoff leitet. Das bewirkt eine Explosion und die sehr rasche Freisetzung einer großen Gasmenge.

Airbags in Fahrzeugen | Foto: testing, Shutterstock
Eine extreme Verminderung der Geschwindigkeit bewirkt, dass elektrischer Strom durch Sprengstoff fließt. Airbags in Fahrzeugen | Foto: testing, Shutterstock

Aus Sicherheitsgründen sind die meisten Sprengstoffe für den herkömmlichen Gebrauch, ob zivil oder militärisch, beinahe unempfindlich. Wenn man sie zur Explosion bringen möchte, macht man das gewöhnlich, indem man aus der Entfernung eine kleine Menge von empfindlicherem Sprengstoff explodieren lässt, etwa durch elektrischen Strom. Die kleine Explosion, die so entsteht, zündet die große Sprengladung.

Es gibt sehr teure, schwer zu erzeugende Sprengstoffe, die im allgemeinen für genau vorgegebene Zwecke verwendet werden, bei denen ihre spezifischen Eigenschaften besonders wichtig sind und die hohen Kosten rechtfertigen. Hingegen sind die meisten der verbreiteten Sprengstoffe einfach und billig mit industriellen Verfahren herzustellen, aber nicht zuhause. Es gibt auch Sprengstoffsorten, die man relativ leicht mit einfachen Mitteln herstellen kann. Diese werden im allgemeinen von Terrororganisationen und anderen Akteuren verwendet, die die Fähigkeit haben, sie in improvisierten Heimlabors herzustellen, aber nicht imstande sind, Standard-Sprengstoff zu erzeugen, und keinen Zugang zur chemischen Industrie haben.

Solche häuslichen Sprengstoffe sind im allgemeinen von ihren Eigenschaften und ihrer Gebrauchssicherheit her im Vergleich zu den entsprechenden Standardprodukten minderwertig, und daher sind sie in der Industrie von vornherein wenig verbreitet. Auch in den scheinbar einfachen Fällen sind die Produktionsverfahren anfällig für Pannen und tödliche Unfälle. Es wird dringend empfohlen, jeden nicht unbedingt notwendigen Umgang mit Sprengstoffen zu unterlassen, besonders, wenn du kein Experte dafür bist. Und das Wichtigste – tu es nicht zuhause!