Die Erde ist zum Leben sehr geeignet, aber vielleicht gibt es Planeten, die noch mehr geeignet sind? Wo sind sie, und wie kann man sie finden?
Für uns Erdenmenschen gibt es nichts Schöneres als die Erde. Kein anderer Planet in unserem Sonnensystem wäre besser für die Menschen als die Erde. Das ist leicht zu sehen: Ein leichter Anstieg des Kohlendioxidanteils in der Luft, zum Beispiel hinter einem umweltschädlichen Bus – und wir ersticken fast. Eine leichte Abnahme des Sauerstoffanteils in der Luft, zum Beispiel auf einem hohen Berg – und wir können in Ohnmacht fallen. Die Sonne sendet elektromagnetische Strahlung bei fast allen Wellenlängen aus, aber unsere Augen sind genau auf den Höhepunkt ihrer Emission angepasst, sodass wir sie leicht sehen können. Unser Lebenszyklus, und derjenige der anderen Tiere, sind mit dem Naturzyklus der Erde synchronisiert: mit dem Tag und der Nacht, mit dem Monat und dem Jahr. Deshalb besteht kein Zweifel, dass die Lebewesen, die sich auf der Erde entwickelt haben, an die Erde, ihre Eigenschaften und Vorteile angepasst sind.
Gibt es andere Planeten, auf denen die Bedingungen für die dortigen Lebewesen vielleicht sogar noch besser sind? Die Geschichte der Astronomie beweist, dass die Antwort positiv ist: Wir haben auf einem langen und harten Weg gelernt, dass die Erde in keiner Weise besonders ist. Sie ist nicht im Zentrum des Sonnensystems, oder im Zentrum der Galaxie, und unsere Galaxie, die Milchstraße, ist nur eine von Milliarden ähnlichen Galaxien im Weltall. Warum also sollte ausgerechnet die Erde „der perfekte Planet“ sein? Es gibt keinen Grund, dies anzunehmen.
Sehr passend für unsere Lebensweise, aber ist es der perfekte Planet? Die Erde, vom Weltall gesehen. Quelle: Detlev van Ravensway, Science Photo Library
Geeignete Bedingungen für die Geeigneten
Solche Planeten, die sogar noch besser als die Erde für das Leben geeignet sind, werden superhabitable Planeten genannt. Die Forscher Dirk Schulze-Makuch, René Heller und Edward Guinan haben solche Planeten unter den bis jetzt 4000 in anderen Sonnensystemen entdeckten Planeten, und unter den Kandidaten, das heißt denjenigen, deren Entdeckung noch nicht endgültig bestätigt wurde, gesucht. Es gibt einige andere „Planeten“, die man in diesem Zusammenhang kennenlernen sollte: Die Erde, in verschiedenen Perioden ihrer geologischen Vergangenheit, war ganz anders als die heutige Erde, als wäre es ein völlig anderer Planet. Es gab Zeiten in der Vergangenheit, als sie weniger für das Leben geeignet war, zum Beispiel in den Eiszeiten, und es gab Zeiten, als sie noch besser geeignet war als heute. Und wieder: Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass wir uns in einer besonderen Epoche befinden, die irgendwie „am besten“ sein sollte, außer in Bezug auf die Menschen, natürlich.
Um diese superhabitablen Planeten zu identifizieren, musste man die Frage stellen: Was machte einen Planeten „geeignet fürs Leben“? Und insbesondere – geeignet für intelligente Lebewesen? Um diese Frage zu beantworten, kann man mit dem einzigen Beispiel beginnen, das uns bekannt ist: die Erde. Auf unserem Planeten gibt es fast überall Lebewesen – von den vereisten Polen und bis zu den siedend heißen Wüsten, aber sowohl die Menge der Lebewesen, die „Biomasse“, wie auch die biologische Vielfalt, sind nicht gleichmäßig auf ihr verteilt: In den heißen und feuchten Tropenwäldern sind sowohl Anzahl wie Vielfalt der Lebewesen sehr hoch. Forscher haben versucht, dieser Tatsache nachzugehen und die optimalen Lebensbedingungen zu formulieren. Sie kamen zu einer Reihe von Schlussfolgerungen, die man benutzen kann, um superhabitable Planeten zu identifizieren:
- Sonneneigenschaften: Der Planet muss einen Stern umkreisen, der stabile Energie seit langer Zeit erzeugt. Auf der Erde vergingen dreieinhalb Milliarden Jahre, bis sich komplexe, mehrzellige Lebewesen entwickelt hatten, und ungefähr viereinhalb Milliarden Jahre, bis die intelligenten Menschen erschienen. Deshalb eignen sich kurzlebige Sterne nicht. Solche Sterne sind A, B, O und F-Zwerge, die eine viel größere Masse als unsere Sonne haben. Andererseits sind Planeten in der habitablen Zone, die viel leichter sind als unsere Sonne, wie M-Zwerge, sehr nahe an ihrer Sonne und werden gravitativ gebunden wie unser Mond, der uns nur eine Seite zeigt. Die Bedeutung so einer gebundenen Rotation ist eine Neigung zu riesigen Sonneneruptionen, die derartige Sterne charaktierisiert, und ein Verlust der Jahreszeiten, was wiederum auf die Entwicklung von Lebewesen einwirken kann. Deswegen sind M-Zwerge, im Gegensatz zu unserer Sonne, nicht habitabel. Aber bei Sternen, die nur wenig leichter als die Sonne sind, K-Zwergen, kommen diese Phänomene nicht vor, und sie sind für die Entwicklung von Lebewesen, jedenfalls solche, die wir kennen, geeigneter.
Die habitable Zone ist der Bereich, wo flüssiges Wasser auf dem Planeten vorkommen können. Grün ist die Größe der habitablen Zone von Sternen der Hauptreihe. Quelle: PHL
- Das Alter des Planeten: Während der längsten Zeit gab es keine komplexen Lebewesen auf der Erde, da es nicht viel Sauerstoff in der Atmosphäre gab. Es dauerte einige Zeit, bis der Sauerstoff mit der Erdoberfläche reagierte und sie bis zur Sättigung oxidierte, und erst dann sammelte er sich in der Atmosphäre an. Man kann sich leicht Planeten vorstellen, auf denen die erste Phase noch länger dauert und es dem Planeten erschwert, sein Potenzial „auszunützen“, wenn er sich in der habitablen Zone befindet, das heißt wenn die Entfernung von seiner Sonne im Bereich ist, der flüssiges Wasser auf seiner Oberfläche ermöglicht. Man kann annehmen, dass ein längeres Alter des Planeten die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung von komplexen Lebewesen ein bisschen erhöht. Warum nur ein bisschen? Denn wenn der Planet zu alt ist, hat auch dies negative Auswirkungen auf die Entwicklungschancen von komplexen Lebewesen, zum Beispiel eine Abkühlung des Planetenkernes oder ein größeres Risiko einer Katastrophe von außen, wie eine Kollision mit einem Asteroiden.
- Die Größe des Planeten: Ein großer Planet hat mehr Oberfläche und mehr tektonische Platten, die schweres versunkenes Material wiederverarbeiten und an die Oberfläche bringen können, sowohl mehr innere Heizung und mehr Atmosphäre. Andererseits können wir uns schwerlich vorstellen, wie ein Leben so wie auf der Erde in einem Gasplaneten existieren könnte. Deshalb eignet sich ein Planet, der so groß ist, dass ein Mini-Neptun entsteht, nicht. Also ist ein Gesteinsplanet, dessen größter Teil seiner Masse aus Gestein besteht, ideal, und die obere Grenze der Planetengröße liegt bei etwa 1,5 bis 1,6 Erdmassen.
- Die durchschnittliche Temperatur auf einem Planeten hängt vor allem von der Entfernung von seiner Sonne ab, und die Temperaturänderungen auf seiner Oberfläche werden auf Dauer von seinem Bahnneigungswinkel beeinflusst. Von dem einzigen Beispiel, das wir kennen, der Erde, können wir nicht schließen, ob die hiesigen Bedingungen die optimalen sind. Was wir wissen, ist, dass Anzahl und Vielfalt der Lebewesen in den warmen Tropen, wo das Klima stabil ist, am höchsten ist, und am niedrigsten in den kalten Polarzonen, wo die Temperaturschwankungen zwischen den Jahreszeiten groß sind. Interessant ist, dass sich zur Karbon-Zeit, vor 300-360 Millionen Jahren, die eine wärmere und feuchtere Epoche war, eine so große biologische Masse entwickelt hat, dass wir sie bis heute in Form von Kohle, Öl und Erdgas ernten. So kommt es, dass ein leichter Anstieg von fünf Grad Celsius die Anzahl und Vielfalt der Lebewesen enorm vergrößert, aber das hängt von ihrer Physiologie und der Menge von Wasser oder der Feuchtigkeit ab.
- Die Existenz eines großen Mondes: Der Mond unserer Erde stabilisiert den Bahnneigungswinkel der Erde, und dadurch die Jahreszeiten. Ohne einen großen Mond hätte sich der Bahnneigungswinkel wahrscheinlich stark und chaotisch verändert, wie es dem Mars geschieht, und dies hätte einen starken Einfluss auf die Lebewesen: Änderungen der Umweltbedingungen tragen zwar zur Tiervielfalt bei, aber nur bis zu einer gewissen Grenze, und extreme Änderungen der Jahreszeiten gelten als negativ für die Lebewesen. Tatsächlich ist die Erde heute weniger habitabel als in der Vergangenheit, denn damals war der Mond näher und hatte einen größeren Einfluss. Deshalb ist es gut für einen Planeten, wenn er einen großen und nahen Mond hat, aber nicht zu groß und nicht zu nah, damit die Körper nicht gravitativ gebunden werden: in so einem Fall wäre der Tag um ein Vielfaches länger, und dies hätte Folgen für die Verteilung der Sonnenenergie auf dem Planeten.
Wir können Berechnungen anstellen, aber schlussendlich können wir nur versuchen uns vorzustellen, wie Planeten in anderen Sonnensystemen aussehen. Simulationen von Planeten, die Betrachtungen durch das Kepler-Teleskop entdeckt haben. Quelle: Lynette Cook, Science Photo Library
Ungelöste Fragen
Alle bisher erwähnten Eigenschaften von Planeten, wie Größe, Entfernung von der Sonne usw., sind im Prinzip durch Betrachtung zugänglich, das heißt, wir können sie aus der Ferne schätzen und daraus schließen, inwieweit ein Planet für Lebewesen geeignet sein könnte. Es gibt noch viele andere wichtige Eigenschaften eines Planeten, aber diese sind schwer bis unmöglich aus der Ferne zu schätzen, was Fragen offenlässt, die wir in absehbarer Zukunft nicht beantworten können:
- Das quantitative Verhältnis zwischen Meeren und Kontinenten. Besonders wichtig ist die Flächengröße des seichten Ozeans, wo das Sonnenlicht in das Wasser eindringt und die Tiervielfalt besonders groß ist.
- Geschichte: Auch die Reihenfolge der Dinge ist wichtig. Die große Kollision, die den Mond erzeugte, erfolgte, als die Erde noch sehr jung war. Was wäre geschehen, wenn die Erde beispielsweise drei Milliarden Jahre alt gewesen wäre, nachdem sich Sauerstoff in der Atmosphäre angesammelt hat?
- Der pH-Gehalt (Säuregehalt), der Luftdruck, der Sauerstoffgehalt, die Strahlenbeständigkeit der Lebewesen, und andere Eigenschaften, die man nicht aus Betrachtung von der Ferne schlussfolgern kann.
- Zu guter Letzt: Wir wissen nicht, wie Leben entsteht, nicht einmal auf der Erde. Unter welchen Bedingungen können sich in einer sauerstofffreien Umgebung organische Moleküle bilden? Und wann beginnen diese Moleküle zu „kooperieren“ und etwas zu erzeugen, das „Lebewesen“ genannt werden kann? Solange wir das nicht wissen, können wir uns auch irren, und ein Planet, den wir als superhabitabel einstufen, ist vielleicht völlig leblos.
Die Planeten im Bereich um K-Sterne (zwischen den schwarzen Linien). Die Horizontale Achse zeigt den Abstand eines Planeten von seiner Sonne, die vertikale Achse zeigt die Masse der Sonne, die Größe des Punktes deutet auf die Masse des Planeten und die Farbe des Punktes auf die Temperatur der Sonne. Aus: Artikel
Die Liste ist sehr unvollständig
Wie wählten die Forscher unter den mehr als 4000 Planeten die superhabitablen aus? Leider ist es durch Beobachtung sehr schwierig, kleine Planeten in der habitablen Zone ihres Sterns zu finden. Die allermeisten Planeten, die die Forscher fanden, sind zu heiß, zu groß oder beides. Aber wenn wir uns auf die habitable Zone konzentrieren, dann scheint es etwa zwei Dutzend Körper zu geben – wovon die meisten noch Kandidaten sind (außer Kepler 1126b und Kepler 69 c) und haben noch keine endgültige Bestätigung als Planeten erhalten, und nur einer von ihnen erfüllt die Hauptbedingungen für einen superhabitablen Planeten: Typ K, zwischen fünf und acht Milliarden Jahre alt und bis zu zehn Grad unter oder über der optimalen Temperatur, nämlich 19 Grad Celsius.
Die Forscher sind zum Schluss gekommen, dass wir weit davon entfernt sind, einige der Parameter messen zu können, damit er als superhabitabel eingestuft werden könne. Aber wir sind sehr wohl in der Lage, eine begrenzte Liste von Kandidaten auszuwählen, also von solchen, die superhabitabel nach dem Modell der Erde sind, da es die Geschichte der Erde ist, nach der das Modell formuliert wurde. Es ist interessant festzustellen, dass die Eigenschaften des Muttersterns nicht von denen der Erde abhängen, und tatsächlich befinden sich die superhabitablen Kandidaten in der Nähe von K-Sternen, anders als bei uns. Man muss also große, eingebaute Verzerrungen im Modell in Kauf nehmen, weil wir nur ein einziges Beispiel haben.
Keiner der Kandidaten befindet sich in der Nähe unseres Sonnensystems, alle sind mehr als 100 Lichtjahre entfernt. Daher wird wahrscheinlich keiner von ihnen im Mittelpunkt der Forschung mit den zukünftigen großen Teleskopen sein. Wenn in Zukunft ein Planet gefunden wird, der sowohl superhabitabel wie auch genug nahe unserem Sonnensystem ist, wird er zweifellos im Zentrum der Aufmerksamkeit der Astronomen sein. Auf jeden Fall ist ein Besuch eines Planeten außerhalb unseres Sonnensystems ohne eine grundsätzliche Änderung der physikalischen Gesetze nicht möglich. Falls wir superhabitable Planeten entdecken sollten, können wir nach Indizien für die Existenz von Lebewesen suchen, wir können versuchen, mit intelligenten Lebewesen Kontakt aufzunehmen, oder warten, bis sie zu uns kommen.