Für viele ist das Gebiet der Biotechnologie mit ernsthaften Wissenschaftlern in weißen Kitteln verbunden, die in hoch entwickelten Labors merkwürdige Dinge tun. Jedoch stellt sich heraus, dass man biotechnologische Prozesse auch in unserer Küche ohne Kittel und ohne teure Ausrüstung in Bewegung setzen kann.

Biotechnologie wird als praktische Verwendung biologischer Prozesse definiert. Ein biotechnologischer Prozess kann beispielsweise die Entwicklung neuer Pflanzensorten mithilfe der Gentechnik, des Züchtens von lebendem Gewebe und Organen im Labor oder der Herstellung von Kraftstoff aus Pflanzen oder Mikroorganismen sein. Andererseits gibt es auch viel einfachere Beispiele für biotechnologische Prozesse, wie das Quellen von Teig für Brot, die Herstellung von Bier und sogar das Einlegen von Gurken. In diesem Artikel werden wir über die Prozesse sprechen, die hinter biotechnologischen Prozessen in der Küche stehen.

Atmungs- und Gärungsprozesse

Grundlage all dieser Prozesse sind die Atmungs- und Gärungsprozesse von Bakterien und Hefe. Wie wir brauchen einzellige Organismen wie Bakterien oder Hefe Nahrung, um zu überleben. Wenn sie Zucker konsumieren, durchläuft der Zucker einen Abbauprozess namens „Glykolyse“, der schließlich zu einem Produkt namens „Pyruvat“ führt. Pyruvat kann zwei Wege einschlagen: atmen oder gären. Bei dem ersten Weg ist er abhängig von Sauerstoff (aeroben), bei dem er sich weiter zersetzt und verändert, bis er ausgeschöpft ist. So kann beispielsweise in der mitochondrialen Organelle eine große Energiemenge erzeugt werden - die Energiequelle der Zelle. Eines der Produkte dieses Prozesses ist CO2. Wir werden gleich herausfinden, welche wichtige Rolle es in der Küche spielt.

Der zweite Weg, der in Abwesenheit von Sauerstoff (anaerob) stattfindet, wird als „Gärung“ oder „Fermentation“ bezeichnet. Auf diesem Weg durchläuft das Pyruvat Prozesse, die es unter anderem in Alkohol und CO2 (bei Hefe) oder Milchsäure (bei Bakterien) zerlegen.

Atmungs- und Gärungsprozesse
Atmungs- und Gärungsprozesse

Gärung von Brot

Wenn wir Teig für Brot zubereiten, wollen wir, dass er luftig wird, und dafür brauchen wir einen „Blasenherstellungsprozess“. Um dies zu erreichen, fügen wir dem Teig Hefe hinzu, versorgen sie mit Zucker und Wasser und lassen den Teig ruhen. Die Hefe verbraucht den Zucker, zerlegt ihn wie oben beschrieben in Pyruvat und setzt den sauerstoffabhängigen Prozess fort, bei dem viel CO2 entsteht. Das Resultat sehen wir in den Teigblasen.

Hefe bevorzugt bei diesem Prozess im Allgemeinen das Gären, das weniger Aufwand erfordert als die sauerstoffabhängige Atmung. Bei diesem Prozeß wird auch Alkohol freigesetzt, aber keine Sorge - der Alkohol verdunstet beim Backen. Wenn wir den Teig zu diesem Zeitpunkt in den Ofen tun, härtet er sich um die Blasen herum und wir erhalten Brot mit der gewünschten luftigen Textur.

Herstellung von Bier oder Wein 

Nachdem wir festgestellt haben, dass Hefe Alkohol produzieren kann, können wir dies nutzen und daraus Bier oder Wein herstellen. Dabei nehmen wir Traubensaft oder eine Hopfenlösung (Gerste oder anderes Getreide) und machen daraus Wein bzw. Bier. Hopfenlösung und Trauben sind eine gute Zuckerquelle, die die Hefe zur Herstellung des Alkohols benötigt.

Hier gehen wir direkt zum sauerstofffreien Weg, der die Bildung von CO2 und Alkohol ermöglicht. Mit der Zeit baut die Hefe mehr Zucker ab und sondert mehr CO2 und Alkohol ab, die sich allmählich ansammeln und deren Konzentration steigt, bis das Bier oder der Wein fertig ist. Bei Wein ist es üblich, den Prozess in der Mitte anzuhalten, um einen „halbtrockenen“ Wein zu erhalten. Für einen „trockenen Wein“ muss man warten bis die Hefe den größten Teil des Zuckers verbraucht hat. Dies ist auch der Grund für die Unterschiede im Säuregehalt.

Ein weiteres interessantes Detail ist, dass Bier oder Sekt kleine CO2-Blasen haben, während normaler Wein diese nicht hat. Der Grund dafür ist einfach - es ist üblich, das CO2 aus geschmacklichen Gründen aus den Weinen zu entfernen. Interessant ist auch, dass die CO2-Blasen in Bier oder Wein viel kleiner sind als in kohlensäurehaltigen Getränken. Dies liegt daran, dass Bier und Wein Partikel enthalten, an denen die Blasen haften bleiben, während Selter ein klares, partikelfreies Getränk ist, sodass die CO2-Blasen aneinander haften und wachsen.

Käsereifung

Bisher haben wir uns mit der Gärung von Hefe befasst. Jetzt wollen wir uns den Bakterien zuwenden. Wie oben erwähnt, durchlaufen Bakterien auch einen Gärungsprozess, aber anstatt Alkohol zu produzieren, produzieren sie Milchsäure - dieselbe Substanz, die bei uns einen säureartigen Geschmack nach dem Essen von Süßigkeiten hinterlässt. Wenn Milch Säure zugesetzt wird, verändert sich das Protein Kasein (das Milchprotein) und bildet Klumpen von Protein und Fett, die tatsächlich die Substanz sind, aus der der Käse hergestellt wird. Dies wird als „Gerinnung“ bezeichnet.

Um den Gerinnungseffekt zu veranschaulichen, können wir ein Experiment durchführen, bei dem wir einer Flasche Cola Milch hinzufügen. Nach einigen Stunden können wir Käseklumpen sehen, die unter dem Einfluss der Phosphorsäure in der Cola entstanden sind.

Aufgepasst! Der gleiche Effekt wird erzielt, wenn wir Zitronensaft, Essig oder einer anderen Säure Milch hinzufügen.

So beinhaltet auch der Käseherstellungsprozess geeignete Bakterien, die Milchsäure absondern und den Gerinnungsprozess verursachen. Hinterher filtert man das Wasser und lässt die Eiweiß- und Fettklumpen übrig, aus denen der Käse besteht. Je mehr Wasser man herausholen kann (durch Filtern oder Salzen), desto härter wird der Käse.

Einlegen von Gewürzgurken

Jetzt kommen wir zur Gewürzgurken und ihren anderen eingelegten Freunden. Auch hier wollen wir die Bakterien die Arbeit machen lassen, wie beim Käse. Dazu legen wir Gurken in ein Gefäß mit Wasser und Salz oder Essig, die das Entstehen unerwünschter Bakterien verhindern. Was hier passiert, ist ein Verfallsprozess der Gurke, der durch dieselben Bakterien verursacht wird, die Milchsäure absondern. Wenn die Säuremenge einen bestimmten Schwellenwert überschreitet, können selbst die Bakterien unter diesen Bedingungen nicht mehr leben und sterben ab. Zurück bleibt die Gewürzgurken. 

Herstellung von Essig

Wie wir zuvor gesehen haben, findet bei der Herstellung von Bier oder Wein ein Gärungsprozess statt, bei dem Alkohol entsteht. Aber wie jeder weiß, der eine Flasche Wein geöffnet und draußen stehen gelassen hat, wird er nach einer Weile sauer. Dies liegt an den Bakterien, die den Alkohol in Essigsäure zerlegen - die Substanz, die dem Essig seinen Geschmack verleiht. Dieser Vorgang kann nur an der Luft stattfinden, weshalb es so wichtig ist, bei der Herstellung von Wein oder Bier jeglichen Kontakt mit Luft zu vermeiden.

Vielen Dank an Dr. Michal Stolersky Ben-Nun für die Unterstützung bei der Vorbereitung dieses Artikels.